Prozess um Millionenbetrug im Supermarkt
Zwei Manager nutzten Sicherheitslücke und luden an Schulungskassa Gutscheine auf
Wien – Der menschlichen Kreativität sind auch im illegalen Bereich kaum Grenzen gesetzt, wie das Verfahren gegen Halil K. und Zafer K. zeigt. Die beiden Cousins müssen sich vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Christoph Bauer verantworten, da sie ihren Arbeitgeber, eine große Supermarktkette, geprellt haben. Sie luden Gutscheinkarten mit über einer Million Euro auf und gaben gut 360.000 Euro davon aus.
Der Erstangeklagte ist 28 Jahre alt und hatte es bis zum Regionalmanager der Kette gebracht, sein 31-jähriger Verwandter war als Markenmanager beschäftigt. Halil K. verdiente mit 2800 Euro netto nicht schlecht, mit dem Geld kam er dennoch nicht aus. „Ich habe schon länger Schulden aufgebaut. Nach der Scheidung habe ich einen Kredit von 60.000 Euro übernommen“, erzählt er Bauer.
Dass er seit zwölf Jahren spielte, verbesserte die finanzielle Situation nicht. Am Ende hatte der Erstangeklagte jedenfalls 90.000 Euro Schulden, 30.000 Euro davon beim Zweitangeklagten, der sogar extra einen Bankkredit dafür aufnahm.
Halil K. bemüht sich, die Sache als Verzweiflungstat hinzustellen. „Ich war frustriert, verzweifelt. Es war eine Kurzschlussreaktion“, versucht er den Vorsitzenden zu überzeugen. Der Erfolg bleibt überschaubar: „Unter einer Kurzschlussreaktion verstehe ich, einen Zigarettenautomaten aufzubrechen“, wirft Bauer ein. „Sie sind ja geplant vorgegangen.“Tatsächlich nutzte er eine Sicherheitslücke aus. An den Schulungskassen in den Ausbildungszentren konnte man nämlich Gutscheine aufladen lassen – ohne dass das in der Buchhaltung registriert wurde. „Vor fünf oder sechs Jahren hat mir bei einem Kurs der Leiter gesagt, dass man die Gutscheine immer stornieren muss, da man sie einlösen könnte“, erinnert K. sich.
Er trat an seinen Cousin heran und weihte ihn in den Tatplan ein. Bei einem ersten Angriff lud der Zweitangeklagte hunderte Karten mit insgesamt über 300.000 Euro auf. Da das 40 bis 50 Minuten dauerte, stand der Erstangeklagte Schmiere. Die Bons lösten sie bei einem anderen zum Konzern gehörenden Unternehmen ein und kauften dort Wertkarten für einen Onlinehändler. Bei dem sie wiederum Gold, Schmuck, Toiletteartikel, aber auch eine Spielkonsole und Analgel erwarben.
Vorsitzender Bauer mag das Schuldenmotiv nicht recht glauben. Denn schon beim ersten Mal buchte das Duo viel mehr auf, als zur Deckung ihrer Außenstände nötig war. Beim zweiten Angriff kannten die Unbescholtenen kein Halten mehr und genehmigten sich über 750.000 Euro. „Dazwischen ist die Gier dazugekommen“, gesteht der Erstangeklagte.
Der Zweitangeklagte Zafer K., vertreten von Arthur Machac, begründet seine Beteiligung anders. „Ich konnte nicht glauben, dass es funktioniert. Es war nur Spielgeld“, erklärt er. „Und haben Sie daheim damit DKT gespielt, oder waren Sie einkaufen?“, würgt Bauer den Verharmlosungsversuch ab. „Einkaufen“, antwortet K. zerknirscht. „Da haut es einem die Sicherung raus.“
Die beiden werden zu drei Jahren, eines davon unbedingt, verurteilt. Die Sicherheitslücke ist mittlerweile geschlossen.