Gigantischer Staudamm in Äthiopien
Viele Namen wurden angedacht für das, was ab 2022 das größte Wasserkraftwerk Afrikas werden soll: Projekt X oder doch Millennium-Damm? Nicht weniger als der nationale Stolz sollte sich im Namen widerspiegeln, weshalb man die 175 Meter hohe Talsperre final auf den Namen Grand Ethiopian Renaissance Dam (Gerd) taufte. Der Blaue Nil, der 15 Kilometer vor der Grenze zum Sudan durch den Gerd aufgestaut wird, ist die Lebensader Ostafrikas. 60 Prozent des Wasservolumens des vereinigten Nil-Flusses stammen aus äthiopischer Quelle. Die irre Dimension des Staubeckens sorgt dafür, dass mehr als ein Jahresdurchflussvolumen aufgestaut werden kann, was immer wieder für Kritik sorgte. So errechneten US-Forscher ein dreimal besseres Kosten-NutzenVerhältnis für einen kleineren Damm an selber Stelle, da der Gerd für die knapp dreimonatige Spitzendurchflussrate während der Regenzeit konstruiert wurde. Addis Abeba zog das Projekt trotzdem durch und nährte damit auch Ängste vor einer zu schnellen Befüllung des Damms. Sieben bis 14 Jahre werden derzeit kolportiert. Trotz der offensichtlichen Vorteile für die flussabwärtsgelegenen Staaten (günstiger Strom, regulierte Wasserzufuhr für den Sudan, weniger verdampftes Wasser in Ägyptens Assuan-Stausee) fehlte es den Anrainerstaaten stets an Vertrauen und Kooperationswillen – obwohl Äthiopien stets betonte, kein Wasser zur Bewässerung abzuzweigen. Dass ägyptische Politiker – nicht wissend, dass sie gefilmt werden – Pläne zur Zerstörung des Projekts durch Söldnertruppen ventilierten, wirkte jedoch auch nicht gerade vertrauensfördernd. Wenngleich der äthiopische Staat tief in die Taschen (seiner Bürger) griff, braucht es mittlerweile chinesische Finanzspritzen, um eine baldige Fertigstellung des Projekts zu garantieren. Bis Äthiopien zum Powerhouse Afrikas wird, werden also noch einige Liter Wasser den Nil herunterrinnen und in Ägypten verdampfen. (faso)