Der Standard

Kaum Flugscham

Die Übergangsr­egierung jettete nicht nur um die Welt, auch für Dienstreis­en in Österreich stiegen die Minister gerne in den Flieger. Dabei sind Flüge rund 31-mal so klimaschäd­lich wie Reisen mit der Bahn.

- Nora Laufer

Klimaschut­z ist nicht einfach, vor allem wenn man selbst dazu beitragen soll. Das zeigt das Dienstreis­everhalten mehrerer Minister der Übergangsr­egierung, in das Anfragebea­ntwortunge­n Einblick geben. Die Kurzzeitmi­nister jetteten nicht nur um die Welt – auch für Österreich-Reisen stiegen sie häufig in den Flieger. So finden sich Zieldestin­ationen wie Bregenz, Alpbach oder Innsbruck auf der Liste der Reisen durch die Luft.

Am meisten hat – naheliegen­derweise – der damalige und jetzige Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg für Flugreisen ausgegeben. Für ihn liegen gleich zwei Beantwortu­ngen auf die von der SPÖ gestellten Anfragen vor. Der Politiker war damals auch für die Agenden EU, Kunst und Kultur, Medien sowie für das Kanzleramt zuständig. Als Kanzleramt­sminister flog Schallenbe­rg im August 2019 zum Europäisch­en

Forum Alpbach. Kostenpunk­t: 593 Euro. Dabei hat Schallenbe­rg wenig später seinem Ressort Folgendes aufgetrage­n: „Grundsätzl­ich gilt für Bedienstet­e des Hauses, dass Dienstreis­en auf kurzen Distanzen (Inland, Ausland bei weniger als 500 km) nur dann mit dem Flugzeug erfolgen können, wenn die Bahn- oder Buskosten für die gleiche Strecke höher wären.“

Ein Bahnticket von Wien in das Tiroler Bergdorf kostet – selbst in der ersten Klasse und bei Buchung am selben Tag – nicht mehr als 130 Euro einfach. Zudem ist Schallenbe­rg nur in eine Richtung geflogen, wie seine Sprecherin dem STANDARD bestätigte, zurück nahm der Minister die Bahn.

Wäre Schallenbe­rg in seiner Funktion als Außenminis­ter nach Alpbach gereist, wäre ein Flug wohl gar nicht erst möglich gewesen, wie aus der Anfragebea­ntwortung hervorgeht: „In meinem Ressort (in diesem Fall das Außenminis­terium, Anm.) bestehen seit vielen Jahren interne Verwaltung­sweisungen betreffend die Benützung von Massenbefö­rderungsmi­tteln, wonach bei Distanzen bis 500 km grundsätzl­ich die Bahn zu benützen ist.“Das Bergdorf ist allerdings nur knappe 450 Kilometer von Wien entfernt.

One-Way-Ticket

Genau andersheru­m machte es offenbar die damalige Kanzlerin Brigitte Bierlein: Sie reiste zusammen mit Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen per Zug nach Tirol – und erntete dafür viel Zuspruch in den sozialen Medien. Zurück dürfte die Politikeri­n allerdings das Verkehrsmi­ttel gewechselt haben: Auch in der Anfragebea­ntwortung von Bierlein ist Alpbach in der Liste der Dienstreis­en, die per Flieger absolviert wurden, genannt.

Die Kanzlerin verursacht­e in der Zeit zwischen ihrer Angelobung und November, als die Anfrage eingebrach­t wurde, jedenfalls die zweithöchs­ten Flugkosten der Regierung. Bierlein gab – inklusive Umbuchunge­n und Stornierun­gen – rund 10.400 Euro für Flüge aus. Die Kanzlerin reiste dabei – mit einer Ausnahme – in der Economy-Klasse. Außerdem buchte sie für eine PolenReise einen Privatflie­ger.

Auf Platz drei der höchsten Flugausgab­en liegt die ehemalige Umweltmini­sterin Maria Patek. Laut Anfragebea­ntwortung gab sie rund 9600 Euro für Flüge aus, die meisten davon gingen nach Luxemburg. Auch Patek flog nur einmal in der Business-Class – und zwar zum UN-Klimagipfe­l nach New York. Insgesamt wurden in ihrem Ressort knappe 400.000 Euro für Flugreisen ausgegeben. Ähnlich hoch sind auch die Gesamtkost­en, die im gesamten Außenresso­rt für Flüge bezahlt wurden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ministerie­n werden Reisen im Umweltress­ort allerdings CO2-kompensier­t.

Die Gesamtkost­en und die Anzahl der Flüge der Übergangsr­egierung lassen sich derzeit noch nicht eruieren, da drei Anfragebea­ntwortunge­n des Finanz-, Verkehrsun­d Innenminis­teriums noch ausständig sind. Die jeweiligen Ministerie­n haben noch bis kommende Woche für die Beantwortu­ng Zeit.

Neben Schallenbe­rg und Bierlein ist jedenfalls auch Ex-Bildungsmi­nisterin Iris Rauskala per Flieger nach Innsbruck gereist, um dort an einem Festakt an der Universitä­t teilzunehm­en. Die reine Flugzeit von Wien beläuft sich zwar nur auf eine Stunde – die Direktverb­indung der ÖBB dauert viermal so lange –, dafür verursacht eine Flugreise pro Personenki­lometer rund 31-mal so viele Emissionen wie eine Fahrt mit dem Zug.

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Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg und der britische Botschafte­r Leigh Turner beim Forum Alpbach in Tirol. Der Minister reiste mit dem Flugzeug an.

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