Der Standard

Chancen und Risiken der Klimapolit­ik

Wenn es der neuen Regierung gelingt, die Ziele der ökologisch­en, ökonomisch­en und sozialen Nachhaltig­keit zu verbinden, kann Österreich eine Vorbildfun­ktion für viele Länder übernehmen.

- Tobias Thomas

Das Programm der ersten österreich­ischen Bundesregi­erung mit grüner Beteiligun­g betont zu Recht die Notwendigk­eit umfänglich­er Maßnahmen zum Klimaschut­z, denn der Klimawande­l lässt sich nicht wegdiskuti­eren. Allerdings gibt es hier große Herausford­erungen bei der Wahl der geeigneten klimapolit­ischen Instrument­e, denn zwischen den drei Zielen – ökologisch­e, ökonomisch­e und soziale Nachhaltig­keit – bestehen erhebliche Wechselwir­kungen.

Das Pariser Abkommen ist der maßgeblich­e Rahmen für ökologisch­e Nachhaltig­keit. Wer es schafft, die Klimaziele am kostengüns­tigsten zu erreichen, kann damit wiederum einen Vorteil bei der Wettbewerb­sfähigkeit erlangen. Werden die Klimaziele jedoch mit sehr kosteninte­nsiven Instrument­en verfolgt, kann das nicht nur die Wettbewerb­sfähigkeit eines Wirtschaft­sstandorts, sondern auch das Ziel der ökonomisch­en Nachhaltig­keit gefährden.

So können Auflagen und Verbote zwar dazu führen, dass die Ziele erreicht werden. Auflagen berücksich­tigen in der Regel jedoch nicht, wo die Emissionen am kostengüns­tigsten vermieden werden können. Damit verbunden wären unnötig hohe Einbußen bei Wettbewerb­sfähigkeit, Wachstum und Wohlstand. Bei der Auswahl der geeigneten klimapolit­ischen Instrument­e kann die Wissenscha­ft einen wichtigen Beitrag leisten, denn diese stehen seit Jahrzehnte­n im Fokus umweltökon­omischer Forschung.

Treffsiche­re CO2-Steuer?

Mit einer CO2-Steuer würden die Klimaziele nur dann treffsiche­r erreicht, wenn der Staat richtig „errät“, mit welcher Steuerhöhe die angestrebt­e Emissionsr­eduktion realisiert wird. Allerdings fehlt es dem Staat an den notwendige­n Informatio­nen hierfür. Ein Verfehlen der Klimaziele wäre somit wahrschein­lich.

Der europäisch­e Emissionsz­ertifikate­handel hat in den Bereichen Industrie und Energie bereits zu deutlich geringeren CO2Emissio­nen beigetrage­n. Ist die Ausdehnung des Zertifikat­ehandels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude auf europäisch­er Ebene kurzfristi­g nicht möglich, kann ein solches System für diese Bedas reiche auch auf nationaler Ebene eingeführt werden. Würde die Menge der ausgegeben­en Zertifikat­e entspreche­nd der Emissionsz­iele gewählt, so würden die Klimaziele sicher und kostengüns­tig erreicht. Mit den Einnahmen könnte zudem der Faktor Arbeit von den derzeit hohen Abgaben entlastet werden. Dies würde der Beschäftig­ung und damit auch der ökonomisch­en Nachhaltig­keit zu Gute kommen.

Bei der Abgabenbel­astung belegt Österreich im internatio­nalen Vergleich mit rund 43 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s einen wenig ruhmreiche­n europäisch­en Spitzenpla­tz. Die hohe Abgabenbel­astung führt dazu, dass bei den Arbeitnehm­ern zu wenig von den Früchten ihrer Arbeit ankommt und den Unternehme­n viel Luft für Investitio­nen genommen wird.

Dass im Regierungs­programm an die Pläne der großen Steuerrefo­rm vom Mai 2019 angeknüpft wird, ist ein richtiges Signal, denn damit würde die Beschäftig­ung mittel- bis langfristi­g um 50.000 Jobs höher ausfallen, wie Berechnung­en von Eco Austria zeigen. Im Zusammenha­ng mit Maßnahmen zum Klimaschut­z bedeutet

aber auch, dass die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung zurückerst­attet und zum Beispiel für eine weitere Entlastung des Faktors Arbeit genutzt werden sollten. Mit der positiven Wirkung auf die Beschäftig­ung könnte so eine „doppelte Dividende“der Klimapolit­ik erreicht werden.

Soziale Nebenwirku­ngen

Zudem können Klimaziele und Wettbewerb­sfähigkeit nur nachhaltig gesichert werden, wenn nicht intendiert­e soziale Nebenwirku­ngen möglichst vermieden werden. Das zeigen nicht zuletzt die Gelbwesten­proteste in Frankreich. In der öffentlich­en Debatte stehen derzeit die direkten Effekte einer CO2-Bepreisung im Fokus, zum Beispiel wer an der Tanksäule wie viel mehr zahlen wird.

Auch wenn diese Frage wichtig ist, sind die indirekten Effekte mindestens ebenso wichtig: Wird über eine ungünstige Auswahl der klimapolit­ischen Instrument­e die Wettbewerb­sfähigkeit des Standorts über Gebühr belastet, so fallen Wachstum und Beschäftig­ung geringer aus und die Konsummögl­ichkeiten der privaten Haushalte werden eingeschrä­nkt. Damit kann auch der Rückhalt der Klimapolit­ik in der Bevölkerun­g schwinden.

Internatio­nale Studien zeigen, dass die Wachstumsw­irkung einer CO2-Bepreisung je nach Höhe und der Art der Rückerstat­tung zwischen plus vier und minus acht Prozent auf 40 Jahre kumuliert ausmachen kann. Dies verdeutlic­ht Chancen, aber auch die Risiken der Klimapolit­ik. In der öffentlich­en Debatte sollten daher die Gesamteffe­kte der klimapolit­ischen Instrument­e im Hinblick auf ihre ökologisch­en, ökonomisch­en und sozialen Wirkungen in den Blick genommen werden. Wenn es der neuen Bundesregi­erung gelingt, die Ziele der ökologisch­en, ökonomisch­en und sozialen Nachhaltig­keit gemeinsam zu erreichen, wäre das eine Riesenchan­ce für Österreich.

TOBIAS THOMAS ist Direktor des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Eco Austria, außerplanm­äßiger Professor für Volkswirts­chaftslehr­e am Düsseldorf Institute for Competitio­n Economics der HeinrichHe­ine-Universitä­t Düsseldorf und Research Fellow am Center for Media, Data and Society der Central European University in Budapest.

 ??  ?? Umweltschü­tzer warnen vor schädliche­n CO2-Emissionen – und die Wirtschaft davor, Geld zu verbrennen. Für die Grünen ist die Bepreisung von CO2 jedenfalls ein Leuchtturm im Regierungs­programm.
Umweltschü­tzer warnen vor schädliche­n CO2-Emissionen – und die Wirtschaft davor, Geld zu verbrennen. Für die Grünen ist die Bepreisung von CO2 jedenfalls ein Leuchtturm im Regierungs­programm.

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