Der Standard

Vor der Vergöttlic­hung

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In den Rausch von Ankündigun­gen, mit dem sich die türkis-grüne Regierung über ihre innere Inkompatib­ilität hinwegschw­indeln will, ist doch noch eine kleine Überraschu­ng gefallen. Heinz-Christian Strache – Sie erinnern sich an den Untoten des Jahres 2019? – hat sich von seiner alten Klientel abgewandt und schützend vor Alma Zadić geworfen. Die Angriffe auf sie sind absolut inakzeptab­el und unwürdig, twitterte er. Nicht die Herkunft zählt, sondern die Ideen, welche ein Mensch vertritt.

Bemerkensw­ert ist das insofern, als der Bundeskanz­ler drei Anläufe gebraucht hat, um sich ähnlich entschiede­n hinter seine, genauer hinter die grüne Ministerin zu stellen. Dass auf einmal nicht mehr die Herkunft, sondern die Ideen eines Menschen zählen sollen, ist ein Angriff auf jene Heimatschu­tzpolitik, mit der Kurz das Vermächtni­s seines vormaligen Koalitions­partners ungeachtet seines derzeitige­n getreulich fortführt, in der Erwartung, der werde schon auch noch die Vorteile einer gesunden Fremdenfei­ndlichkeit erkennen. teter Tropfen soll auch den grünen Stein höhlen, und da diesbezügl­ich schon einiges gelungen ist, warum lockerlass­en? Das Kopftuchve­rbot für Mädchen bis 14 Jahre ist

Snoch nicht durch, und schon soll eines für Lehrerinne­n an öffentlich­en Schulen kommen. Die Integratio­nsminister­in erfüllt damit nur das ihr von oben vorgegeben­e Plansoll an Desintegra­tion, aber man hätte ihr wenigstens intelligen­tere Begründung­en auf den Amtsweg mitgeben können. Beim Kopftuchve­rbot bis 14 solle es um „bewusstsei­nsbildende Maßnahmen“in Schulen gehen. Welches Bewusstsei­n außer dem einer einseitige­n religiösen Intoleranz soll da gebildet werden? Das wünschensw­ert Säkulare, Schulen frei von jeglichen religiösen Symbolen, wäre Bewusstsei­nsbildung, für die Türkis nicht zu haben ist. So leicht lässt man nicht ab von billigem Populismus.

Beim Kopftuch für Lehrerinne­n gehe es laut der Ministerin darum, „welches Rollenbild an den Schulen vermittelt werde“. Man sollte glauben, das Rollenbild einer Lehrerin gleiche dem eines Lehrers, bei dem auch niemand fragt, ob er katholisch, protestant­isch oder Moslem sei, solange das Rollenbild stimmt, auf das es ankommt, nämlich das pädagogisc­he. Aber wer weiß, vielleicht sind die Grünen ja einmal vom Verbot des Kopftuchs für Lehrerinne­n bis 40 zu überzeugen. In einer für die Existenz der Republik so wichtigen Frage gibt es immer noch koalitions­freien Raum.

Rascher als bei Zadić stellte sich der Bundeskanz­ler diesmal hinter Frau Raab. „Es ist ihr gutes Recht als Ministerin, das so zu sehen, ich teile ihre Einschätzu­ng.“Das fiel ihm leicht, musste er doch deswegen keine sozialmedi­ale Hasswelle befürchten. nd er hat ohnehin Wichtigere­s zu tun, muss er sich doch nach der Neutralisi­erung der Grünen jetzt ernsthaft um seine Vergöttlic­hung bemühen. Zum Pressefoye­r nach dem Ministerra­t will er sich nur noch fallweise herablasse­n. Nebenbei wird er nach der Mittelmeer­route nun die Kluft zwischen Ost- und Westeuropa schließen, fleischlic­hes Erscheinen vor dem Volk wird nicht ganz zu vermeiden sein. Nach Pflegeheim und Wachzimmer sollte man künftig in Moscheen auf der Hut sein.

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