Iran wirft Europa „Appeasement“im Atomstreit vor
Neue Proteste gegen das Teheraner Regime
Teheran – Gut eine Woche nach seinem Eingeständnis, versehentlich ein ukrainisches Passagierflugzeug abgeschossen zu haben, geht das iranische Regime – zumindest rhetorisch – wieder in den Angriffsmodus über.
Der Grund: Großbritannien, Frankreich und Deutschland hatten diese Woche aufgrund der Spannungen zwischen dem Iran und den USA den Schlichtungsmechanismus des 2015 unterzeichneten internationalen Atomabkommens ausgelöst – und damit den Zorn des damaligen Chefverhandlers Mohammad Javad Zarif auf sich gezogen. Der Außenminister warf den Europäern per Tweet „Appeasement“gegenüber US-Präsident Donald Trump vor, der sein Land im Mai 2018 einseitig aus dem Vertrag streichen ließ. Die „E3“täten dies, weil sie Angst vor neuen US-Zöllen haben, orakelt Zarif. „Das wird nicht funktionieren, meine Freunde. Es weckt nur seinen (Trumps, Anm.) Appetit. Erinnert ihr euch nicht an den Rüpel an eurer Schule?“
Dass sie sich durch die Aktivierung des für Streit vorgesehenen Mechanismus dem Druck aus Washington beugen, wollen London, Paris und Berlin nicht unwidersprochen lassen. Zwar könnten an dessen Ende durchaus UN-Sanktionen gegen Teheran stehen, doch gehe es nun vorerst einmal um eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Zarifs Chef, Irans Präsident Hassan Rohani, preist indes seine Bemühungen für eine friedliche Lösung des jüngst so eskalierten Disputs mit den USA. „Die Regierung arbeitet täglich daran, eine militärische Konfrontation oder einen Krieg zu vermeiden“, sagte er am Donnerstag in einer Fernsehansprache. Mit dem Atomdeal habe sein Land zudem bewiesen, „dass wir mit der Welt zusammenarbeiten können“. Mit Blick auf das iranische Atomprogramm erklärte Rohani, sein Land reichere aktuell mehr Uran an als vor dem Deal. Einen kompletten Ausstieg aus demselben schließe er aber bis auf weiteres aus.
Regime unter Druck
Doch auch intern steht das islamistische Regime dieser Tage unter besonderem Druck. Am Donnerstag sind die Proteste nach dem Flugzeugabschuss mit 176 Toten abermals hochgekocht. Videos legen nahe, dass etwa in der Stadt Sanandaj am Rande eines Begräbnisses von Absturzopfern erneut der Slogan „Tod dem Diktator“skandiert wurde – gemeint ist der Oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei. Seit der Flugzeugkatastrophe am 8. Jänner werden gehäuft regimekritische Demonstrationen aus Teheran und anderen iranischen Städten gemeldet. (flon)