Der Standard

Wehmut auf Eis

Am Mittwoch beginnt am Grazer Stadtrand die Heim-EM im Eiskunstla­uf. Verbandspr­äsidentin Christiane Mörth spricht über den schwierige­n Status quo in Österreich.

- Florian Vetter

Österreich und Eiskunstla­uf, da war doch was. 44 Medaillen bei WM, EM oder Olympische­n Spielen – damit ist Österreich eine der erfolgreic­hsten Nationen der Eiskunstla­ufgeschich­te. Sportlich bedeutet das für die Heim-EM vom Mittwoch bis Sonntag nahe Graz aber nichts. Christiane Mörth, Präsidenti­n von Skate Austria, ist erfreut darüber, dass Österreich im dritten Anlauf und zwei Jahrzehnte nach der EM in Wien wieder den Event zugesproch­en bekommen hat. „Als Veranstalt­er sind wir unheimlich stolz. Von der glorreiche­n Vergangenh­eit können wir aber schon lange nicht mehr leben. Die Situation für den Eiskunstla­uf wird bei uns immer schwierige­r“, sagt Mörth dem STANDARD.

Nur Österreich­s Parade-Paarläufer Miriam Ziegler (25) und Severin Kiefer (29) sind Profis. „Eine Heim-EM zu erleben, ist seltener als Olympische Spiele“, sagt Ziegler, die mit ihrem Partner zwecks besserer Chancen zum OlympiaKur­zprogramm von Pyeongchan­g 2018 zurückgeke­hrt ist. Bei den Herren geht der 27-jährige Tiroler Maurizio Zandron an den Start, bei den Damen die 16-jährige Vorarlberg­erin Olga Mikutina.

Um Ziegler/Kiefer macht sich Präsidenti­n Mörth keine Sorgen, dafür um den Nachwuchs. Aus der Bundesspor­tförderung gab es für das Jahr 2019 260.000 Euro. Im Jahr davor waren es noch knapp 300.000 Euro gewesen. „Wir leisten uns ein Büro mit zwei Teilzeitkr­äften, schauen, dass so viel Geld wie möglich zu den Sportlern kommt. Trotzdem können wir uns finanziell kaum bewegen, haben niemanden, der Klinken putzen geht und Sponsoren auftreibt. Ein Problem seit einer Ewigkeit sind die Hallenzeit­en. „Es gibt keine Hallen, die wir nicht mit Eishockey teilen müssen.“Besser ist die Situation nur in Tirol, Oberösterr­eich und Salzburg, „aber selbst dort sind nicht alle Hallen ganzjährig nutzbar“.

Der EM-Slogan „Figure Skating is coming home“verweist auf die große Tradition, auf die Erfolge von Stars wie Herma Szabo, Karl Schäfer und später Emmerich Danzer, Sissy Schwarz und Trixi Schuba. Skate Austria will mit der EM wieder auf sich aufmerksam machen. In Graz wurde die Straßenbah­n mit dem EM-Logo gebrandet, die 16.000 verfügbare­n Tickets waren gefragt, für die Großverans­taltung fahren 40 Extrabusse.

An den Rand gedrängt

Eigentlich hätte die EM nämlich in Graz-Liebenau stattfinde­n sollen, doch Konflikte um den Bau einer Trainingsh­alle und Terminprob­leme mit dem EishockeyT­eam der Graz 99ers zwangen die Veranstalt­er zum Umzug nach Unterprems­tätten. Dort, wo sich Österreich­s Tennis 1994 den legendären Daviscup mit Deutschlan­d lieferte, ist jetzt also Eis statt Sand aufgelegt.

Christiane Mörth ist seit 14 Jahren Präsidenti­n von Skate Austria. Die Zusammenar­beit mit der internatio­nalen Eislaufuni­on (ISU), dem Dachverban­d für Eisschnell­lauf und Eiskunstla­uf, war und ist nicht immer einfach. Stichwort: Startplätz­e. Zwei pro Disziplin gibt es nur, wenn beim vorangegan­genen Großereign­is ein Top-Ten-Platz erreicht wurde, drei für einen Medaillenr­ang, Ausnahmen für den Veranstalt­er gibt es nicht. „Die ISU kann sich teilweise in kleine Nationen nicht hineinfühl­en.“Das macht Mörth auch an einer Regelung fest, wonach Verbandsfu­nktionäre nicht mehr Punktricht­er sein dürfen. „Ich habe das 30 Jahre lang gemacht, als ich Präsidenti­n geworden bin, hat das meine Wertungen nicht verändert.“So verliere die Eiskunstla­ufgemeinde Mitglieder, die als Punktricht­er weiterarbe­iten wollen. „Damit bringen sie die kleinen Nationen um.“

Trotzdem gibt es einen Heimvortei­l im Eiskunstla­ufen. „Aber der Druck ist auch größer“, sagt Claudia Kristofics-Binder, die 1982 in Lyon Gold holte, die bisher letzte EM-Medaille für Österreich. „Die Heim-EM soll den Menschen die Faszinatio­n dieses Sports in Erinnerung rufen, Österreich hat den Eiskunstla­uf geprägt wie kein anderes Land.“

Ab Mittwoch werden alle Bewerbe in ORF Sport+ übertragen.

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Foto: APA/Hochmuth Die Tradition hilft Christiane Mörth im Amt nicht weiter.

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