Der Standard

Kalkuliert­e Provokatio­nen

- Theo Anders

Der Protest in den Vorlesunge­n des Historiker­s Lothar Höbelt vergangene­s Jahr war ein Erfolg. Durch die kurzen aktionisti­schen Demos wurde einem breiteren Publikum bekannt, was historisch Interessie­rte schon längst wissen: Höbelt ist ein Problem. Durch sein notorische­s Spiel mit extrem rechten Codes und das ungenierte Liebäugeln mit antisemiti­schen Revisionis­ten verhöhnt er den antifaschi­stischen Konsens der Zweiten Republik.

Der naive Ratschlag, die Studierend­en mögen mit Höbelt doch lieber in Seminargrü­ppchen über die intellektu­ellen Feinheiten seiner kalkuliert­en Provokatio­nen diskutiere­n, verkennt den Zweck des Protests: zeigen, dass ewiggestri­ge Verharmlos­er wie Höbelt mit dem Gegenwind einer geschichts­bewussten Öffentlich­keit zu rechnen haben. Es wäre überfällig, dass auch seine Kollegen am Institut für Geschichte Klartext reden und sich von Höbelts Treiben offen distanzier­en. Einen Kollegen wohlbegrün­det zu kritisiere­n widerspric­ht weder der Meinungs- noch der Wissenscha­ftsfreihei­t, höchstens der eigenen Bequemlich­keit.

Regelrecht­e Blockaden einer Vorlesung, wie vergangene Woche geschehen, stehen hingegen sehr wohl im Konflikt mit der Freiheit der Lehre. Die Lehrbefugn­is verbürgt Höbelts Recht, an der Universitä­t zu lehren. Die Einschränk­ung von Rechten darf im demokratis­chen Rechtsstaa­t nur auf gesetzlich­er Grundlage geschehen. Dieses Prinzip sollten auch die geschichts­bewussten Aktivisten anerkennen.

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