Der Standard

Große Ohren, dünne Wände

Lärmbeläst­igung ist ein häufiger Streitpunk­t zwischen Nachbarn. Was zu beachten ist, wenn es zu laut wird, wie man sich auf das Gespräch mit den Nachbarn vorbereite­t – und wie daraus kein Streit wird.

- Thorben Pollerhof

Anlässe, zu denen es in der eigenen Wohnung mal etwas lauter werden kann, gibt es genug. Die Geburtstag­sfeier steht an, das Möbelstück muss dringend aufgebaut werden, oder der Actionfilm lässt sich nur auf voller Lautstärke wirklich genießen. Wem es als Nachbarin und Nachbar dann zu viel wird, sucht im besten Fall das Gespräch, oft wird aber sofort die Polizei eingeschal­tet. Besonders bei nächtliche­r Ruhestörun­g.

Grundsätzl­ich gilt: Das ortsüblich­e Maß an Lärm darf nicht überschrit­ten werden. Das ist eine schwammige Aussage. Dabei wird nicht nur auf die Intensität geachtet, sondern auch die Dauer und Frequenz des Lärms in Betracht gezogen. Konkret bedeutet das, dass im Einzelfall bestimmt wird, was geht und was nicht. Eine gesetzlich festgelegt­e Ruhezeit gibt es nicht. Die Von-22-bis6-Uhr-Regel gilt zwar insofern, als dass in dieser Zeit ein strengerer Maßstab der Polizei angesetzt wird, eine absolute Nachtruhe ist aber ein weitverbre­iteter Irrglaube.

Im nächsten Schritt kommt es auch immer auf die Art des Lärms an. Hundegebel­l muss zu einem Teil geduldet werden, aber auch hier darf das „ungebührli­che Maß“nicht überschrit­ten werden. Ebenso Kinderlärm, wobei es auch auf das Alter der Kinder ankommt. Bei Musikinstr­umenten kommt es auf das Instrument und die Dauer pro Tag an, Einzelfall­abwägungen also. Strenger geregelt sind die Rasenmähze­iten. Das Schneiden des Grüns mit einem Benzinrase­nmäher ist in Wien samstags zwischen 12 und 14 Uhr und an Sonn- und Feiertagen verboten. Jede Gemeinde hat ihre eigenen Zeiten.

Hört man Nachbarin und Nachbar auch dabei, wenn sie lediglich eine Gabel auf ihrem Teller ablegen oder eine Tasse in den Schrank räumen, dann sollte die Dicke der Wände überprüft werden. Die Wiener Bauordnung besagt, dass „gesunde, normal empfindend­e Benutzer dieses oder eines unmittelba­r anschließe­nden Bauwerkes nicht durch bei bestimmung­sgemäßer Verwendung auftretend­en Schall und Erschütter­ungen in ihrer Gesundheit gefährdet oder belästigt werden“. Das gilt auch für Außenund Trennbaute­ile und haustechni­sche Anlagen, die so verbaut werden müssen, dass sie im Alltag nicht stören.

Der einfachste Weg, Konflikte zu vermeiden, ist, den direkten Kontakt zu suchen. Oft können mit ein wenig Toleranz und einer Aussprache Probleme im Vorhinein beseitigt werden. Die Mediatorin Gerlinde Ullmann sieht in Lärmbeschw­erden oft ein tiefsitzen­des Problem: „Meist ist es nicht der Lärm, der stört, sondern eine Kränkung des Nachbarn, die vorher mal passiert ist.“Einander wohlgesinn­te Nachbarn hätten eine höhere Toleranzgr­enze.

Wenn das persönlich­e Gespräch nicht zu vermeiden ist, rät die Expertin zur Ruhe. „Im ersten Ärger an die Wohnungstü­r zu klopfen und Vorwürfe zu verteilen ist meist kontraprod­uktiv.“Besser: zur Ruhe kommen, sich auf das kommende Gespräch vorbereite­n und dem Nachbarn die Chance geben, sich auf einen Austausch einzustell­en. Je konkreter das Problem beschriebe­n wird, desto wahrschein­licher gibt es eine Lösung dafür. Das gilt vor allem für Pauschalis­ierungen: „Die Worte ‚immer‘ und ‚nie‘ stimmen selten“, sagt Ullmann.

Party ankündigen

Hilft aber alles Reden und Beschwicht­igen nichts, sollte die Hausverwal­tung kontaktier­t werden. Und schließlic­h wird auch die Polizei gerufen. Störender Lärm ist eine Verwaltung­sstraftat. In Wien kann die Strafe bis zu 700 Euro, in Tirol sogar bis zu 1450 Euro umfassen. Immerhin: Geburtstag hat man ja nur einmal im Jahr. Und wenn man die Party vorher per Aushang auf dem Schwarzen Brett ankündigt, liest man vielleicht sogar die eine oder andere nette Botschaft der Nachbarn: „Alles Gute und viel Spaß.“

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Hundegebel­l kann für Nachbarn mühsam sein. Bis zu einem gewissen Ausmaß muss es aber geduldet werden.

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