Der Standard

Kritik an CDU-Krisenplan

Kramp-Karrenbaue­r soll Nachfolge schneller regeln

- Birgit Baumann aus Berlin

Berlin – Bis zum Dezember will sich Annegret Kramp-Karrenbaue­r Zeit nehmen, um ihre Nachfolge an der CDU-Spitze und die Frage der Kanzlerkan­didatur zu regeln. Das allerdings geht vielen in der Union nicht rasch genug.

Vor allem aus der CSU kommt scharfe Kritik. Der Chef der Landesgrup­pe

im Bundestag, Alexander Dobrindt, kritisiert, das Vorhaben sei „abwegig“, man dürfe die Krise nicht „zelebriere­n“.

Ein möglicher Kanzlerkan­didat hat bereits abgesagt, CSU-Chef Markus Söder will lieber bayerische­r Ministerpr­äsident bleiben. (red)

EAnnegret Kramp-Karrenbaue­r will aus dem politische­n Rampenlich­t treten – aber erst wenn ihre Nachfolge an der CDU-Spitze und die Kanzlerkan­didatur geregelt sind. s hört gar nicht mehr auf mit den Rücktritte­n in Deutschlan­d. Am Dienstag warf auch Jürgen Klinsmann, der Kurzzeittr­ainer des Fußball-Erstligist­en Hertha BSC, seinen Job hin. Zudem kündigte der Münchner Kardinal Reinhard Marx seinen Rückzug als Chef der Bischofsko­nferenz an.

Doch im politische­n Berlin wird natürlich kein Abgang mehr diskutiert als jener von Annegret Kramp-Karrenbaue­r als CDU-Chefin. Sie will nicht mehr Kanzlerkan­didatin werden und auch ihr Amt an der Parteispit­ze aufgeben. Aber erst dann, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Einen hektischen Prozess hat sie dabei nicht im Sinn, die Kür könnte erst beim Parteitag im Dezember erfolgen.

Das geht vielen jedoch nicht schnell genug. „Monatelang­es Zögern birgt wieder die Gefahr einer Zerreißpro­be“, sagt der niedersäch­sische CDU-Chef Bernd Althusmann. Auch Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier meint: „Wir möchten nicht den gleichen Zirkus veranstalt­en wie die Sozialdemo­kraten. Wir können uns das derzeit nicht erlauben, dass wir uns monatelang mit uns selbst beschäftig­en.“

Die SPD hat sich nach dem Rücktritt von Andrea Nahles am 2. Juni 2019 monatelang für die Nachfolger­egelung Zeit gelassen, Saskia Esken und Norbert WalterBorj­ans wurden erst im Dezember 2019 als neue Chefs gewählt.

Zelebriere­n der Krise

Besonders harsche Worte kommen von der CSU. „Abwegig“nennt Alexander Dobrindt, der Chef der CSU-Landesgrup­pe im Bundestag, Kramp-Karrenbaue­rs Zeitplan. „Die Partei muss geführt werden“, sagt er. Und: „Krisenhaft­e Situatione­n bewältigt man nicht durch Zelebriere­n der Krise, sondern durch Handeln.“

Das weitere Vorgehen wünscht sich Dobrindt so: „Wir haben eine Zahl von Menschen, die sich das vorstellen können. Die haben die Verantwort­ung, das jetzt zu klären.“Namen nannte er am Dienstag in Berlin keine. Es weiß ohnehin jeder, wer gemeint ist: vor allem der frühere Unions-Fraktionsc­hef Friedrich Merz und der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet.

Der Dritte im Bunde wäre Gesundheit­sminister Jens Spahn, dem aufgrund seines weniger weit fortgeschr­ittenen Alters – er ist 39 – eher geringere Chancen eingeräumt werden. Spahn könne auch in ein paar Jahren noch in den Ring steigen und sich bis dahin profiliere­n, heißt es in Berlin.

Bis jetzt allerdings hat sich noch keiner der möglichen Kandidaten aus der Deckung gewagt und seine Bereitscha­ft für die Kanzlerkan­didatur und die Führung der CDU zu erkennen gegeben.

Mehrmals wurde Merz bei einer Veranstalt­ung in Siegen (Nordrhein-Westfalen) gefragt, ob er zur Verfügung stehe. Seine Antwort war stets die gleiche: „Wir diskutiere­n die Lage unserer Partei hinter verschloss­enen Türen und nicht in der Öffentlich­keit.“Laschet antwortete auf die Frage, ob er die Kanzlerkan­didatur scheue: „Ich scheue gar nichts.“Eine definitive Bewerbung allerdings ist das nicht.

Merz in Umfrage Favorit

auch immer wieder als Kanzlerkan­didat im Gespräch. Doch Söder hat mittlerwei­le abgesagt: „In Bayern ist mein Standort und mein Anker, ich bin bei den bayerische­n Wählerinne­n und Wählern im Wort.“

Bei der Kandidaten­suche der CDU will die CSU aber mitreden, schließlic­h stellen die beiden Parteien den Kanzlerkan­didaten oder die Kanzlerkan­didatin immer gemeinsam auf und machen dann auch gemeinsam Wahlkampf.

Die SPD sieht die große Koalition derzeit nicht in Gefahr. Allerdings will sie der CDU einen möglicherw­eise früheren Kanzlerwec­hsel nicht so einfach ermögliche­n. „Wir haben eine Grundlage, die in dieser Regierung da ist, mit der Kanzlerin Angela Merkel“, sagt SPD-Chef Norbert WalterBorj­ans. Wenn Merkel früher aufgäbe, „hätten wir sicher eine Situation, in der es viel nachzudenk­en und viel zu bereden gäbe“.

Pressestim­men S. 30, Kommentar S. 32

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria