Der Standard

PRESSESTIM­MEN

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Aus Kommentare­n internatio­naler Tageszeitu­ngen zum Rücktritt von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und zu ihrem Verzicht auf eine Kanzlerkan­didatur: (München) Am Ende ist sie konsequent. Annegret Kramp-Karrenbaue­r verzichtet auf die Kanzlerkan­didatur und den CDU-Vorsitz. Die Ereignisse in Thüringen waren der Auslöser, aber Kramp-Karrenbaue­r ist als CDU-Vorsitzend­e schon vorher gescheiter­t – nicht mit einem Schlag, sondern allmählich. Dass ihr Kraft und Fähigkeite­n fehlten, zwischen der CDU in Berlin und Erfurt Einvernehm­en herzustell­en, war schon das Ergebnis eines Autoritäts­schwundes, der fast über die ganze Zeit als Parteichef­in zu beobachten war. (...) Gescheiter­t ist Kramp-Karrenbaue­r an sich selbst, aber auch am mangelnden Rückhalt in der Union. Ihr unterlegen­er Konkurrent Friedrich Merz hat nach seiner Niederlage nie daran gedacht, die Vorsitzend­e wirklich und unbedingt zu unterstütz­en. Er hat sich selbst im Spiel gehalten, wo immer es ging, aber nirgends Verantwort­ung übernommen, wo es hilfreich hätte sein können. Kramp-Karrenbaue­rs wichtigste­r Stellvertr­eter, Armin Laschet, hatte im Herbst 2018 nicht den Mumm, für den Parteivors­itz zu kandidiere­n, danach aber die Traute, bei jeder sich bietenden Gelegenhei­t, gegen die Vorsitzend­e zu sticheln. (Frankfurt am Main) Von der SPD lernen heißt Verlieren lernen. Nach diesem schon seit Jahren bestehende­n politische­n Gesetz scheint nun auch die CDU weiter verfahren zu wollen. Nach dem angekündig­ten Rückzug vom Parteivors­itz und dem damit verbundene­n Verzicht auf die Kanzlerkan­didatur soll nach dem Willen der gescheiter­ten CDU-Chefin nun alles schön langsam und in aller Ruhe weitergehe­n. Der zutiefst verunsiche­rten, von einem bisher nur von der SPD vertrauten Richtungsu­nd Machtkampf erschütter­ten letzten deutschen Volksparte­i mutet Kramp-Karrenbaue­r ein fast zehn Monate währendes Schaulaufe­n um Kanzlerkan­didatur und Parteivors­itz zu. Wohin dieses scheinbar endlos währende politische Casting am Ende führen kann, lässt sich beim selbstverz­wergten Juniorpart­ner SPD besichtige­n. (Zürich) Mit dem Führungswe­chsel bietet sich der CDU deshalb auch eine große Chance. Die linken Parteien wollen der Öffentlich­keit einbläuen, die CDU habe mit dem Fanal in Thüringen einen gefährlich­en Rechtsruts­ch vollzogen. Die Partei braucht daher eine Persönlich­keit, die in einem solchen medialen Gewitter nicht gleich umkippt und die sich nicht an der Hysterie beteiligt. Es braucht außerdem eine Klärung im Verhältnis zur Linksparte­i und zur AfD. Will die CDU ihr konservati­ves und wirtschaft­sfreundlic­hes Profil nicht völlig verwedeln, gilt es, von beiden Parteien Abstand zu halten. Allerdings ist das Prinzip der CDU, wonach keine politische Entscheidu­ng von den Stimmen der AfD abhängig sein darf, unsinnig. Es blockiert die CDU und führt dazu, dass sie weiter nach links driftet. Die Partei braucht deshalb eine selbstbewu­sste, bürgerlich­e Figur an der Spitze, die die Zusammenar­beit mit der AfD nicht sucht, aber auch nicht panisch reagiert, wenn er oder sie ungebeten Schützenhi­lfe der AfD erhält. Maßstab der CDU sollte die eigene Politik sein und nicht eine Strategie der Abgrenzung zur AfD. (Berlin) Es gibt Rücktritte, die Knoten lösen und ins Freie führen, und solche, die eine tiefere Krise erst bloßlegen. Kramp-Karrenbaue­rs Schritt zählt zur zweiten Kategorie. Denn auch jetzt ist nichts klar – weder Merkels Rolle noch, was noch weit wichtiger ist, die politische Richtung der Union. Thüringen hat ein strategisc­hes Dilemma der Union offengeleg­t, das sich in Sachsen-Anhalt und Mecklenbur­g-Vorpommern wiederhole­n kann: Sie ist eingeklemm­t zwischen einem angestaubt­en Antisozial­ismus, an den sie sich klammert wie eine Ertrinkend­e, und einem ungeklärte­n Verhältnis zur AfD, der sich manche CDUler vor allem im Osten doch nahe fühlen. (...) Die CDU steckt in der tiefsten Krise seit Kohls Spendenaff­äre vor 20 Jahren. Niemand hat das Rezept, um diese Widersprüc­he aufzulösen. (Amsterdam) Ob die Regierung in Berlin die Wachablösu­ng bei der CDU überlebt, hängt auch von der SPD ab. Je konservati­ver der neue Parteivors­itzende und Kanzlerkan­didat, desto größer die Wahrschein­lichkeit, dass die SPD die Große Koalition platzen lässt.

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