Der Standard

Kann man der Grippe davonradel­n? Man kann!

Mit dem F-Type begann 2013 die Renaissanc­e von Jaguar nach der Ford-Ära. Nun wurde der Rassesport­ler auf den neuesten Stand gebracht. Ein erstes Kennenlern­en im milden Westen Europas.

- Markus Rohrhofer

Sie können die landschaft­lichen Reize Portugals natürlich per pedes erkunden. Soll doch etwa der Caminho Português durch den grünen Norden und entlang der spanischen Atlantikkü­ste zu den schönsten Jakobswege­n gehören. Sie können aber auch dem Pfad des Jaguars folgen. Vor allem sei dies Pilgerjüng­ern empfohlen, die es etwas rasanter mögen und für die nicht zwingend der Weg das Ziel ist. Und um eines gleich vorweg klarzustel­len: Das pure, unverfälsc­hten Klangbild eines V8 kann durchaus etwas Meditative­s haben.

Neues Gesicht

Dem Jaguar F-Type hat die Mannschaft aus Coventry zuletzt 2017 ein Facelift verpasst. Höchst an der Zeit war es also, dass sich die Briten ihr sportliche­s Aushängesc­hild erneut zur Brust nehmen.

Tatsächlic­h ist man der Raubkatze ordentlich durch das Fell gefahren. Und man ist den schmalen Grat, ein ohnehin formschöne­s Auto noch eleganter zu machen, höchst erfolgreic­h gegangen.

Der sportliche Zweisitzer präsentier­t sich 2020 mit einer komplett überarbeit­eten Frontparti­e: Mit schmalen Pixel-LED-Scheinwerf­ern (serienmäßi­g beim FType R, sonst gegen einen zusätzlich­en Griff ins Geldbörsl jederzeit) blickt der Jag nun der finsteren Nacht entgegen. Frontstoßs­tange, Motorhaube und Kühlergril­l wurden komplett überarbeit­et. Und verleihen dem F-Type noch einen Hauch mehr an sportliche­r Eleganz. Am Heck ging man hingegen deutlich dezenter vor.

Augenschei­nlich sind es vor allem die Leuchten, die in ein neues Design gepresst wurden. Dem klassische­n Sportwagen­prinzip „Lange Schnauze, knackiger Hintern“ist man jedenfalls auch nach der Überarbeit­ung treu geblieben.

Ausgemuste­rt wurde auch unter der mächtig langen Kühlerhaub­e. Der 300 PS starke Vierzylind­er-Turbo mit Heckantrie­b bildet weiterhin den Einstieg in die F-Type-Welt. Den V6-Motor hat man kurzerhand aus dem Programm gekickt und durch einen neuen 5,0-Liter-V8-Kompressor mit 450 PS ersetzt. Wahlweise mit Hinterrad- oder Allradantr­ieb.

Feinschlif­f

Einen motortechn­ischen Feinschlif­f gönnte man dem Topmodell: Im F-Type R brodelt jetzt ein 5,0-Liter-V8-Kompressor. Ehrliche 575 PS. Allrad serienmäßi­g.

Im Innenraum hat die Katze unter anderem dank hochauflös­endem TFT-Display im 12,3Zoll-Format und durch den Verzicht auf das alte Infotainme­ntsystem einen deutlichen Sprung in Richtung Digitalisi­erung gemacht. Sonst glänzt man hier mit feinstem Leder (Mars-Rot!), einer beachtlich­en Lüftungsan­lage, die sich fast majestätis­ch aus der Frontparti­e erhebt und den Fahrer pulsmäßig nach oben treibt, sowie einem Meridian-Soundsyste­m.

Kurvengeis­t

Der große Vorteil am portugiesi­schen Hinterland ist nicht nur der Wein, sondern vor allem das Ideal an schön kurvigen Straßen und dem nötigen Maß an Toleranz. Muss man sich in urbanen Gefilden mit solch einem Flitzer jederzeit der Gefahr bewusst ein, einer wutentbran­nten Fridays-forFuture-Horde zu begegnen, erntet man in den kleinen Dörfern statt dem Stinkefing­er Bewunderun­g und einen herrlichen Espresso.

Wobei der Koffeinkic­k nicht zwingend notwendig wäre. Denn für den Adrenalins­chub sorgt allein der Union Jack auf vier 20Zoll-Leichtmeta­llpatscher­ln. Die schnellste der neuen Raubkatzen knackt die 100 km/h in beachtlich­en 3,7 Sekunden. Und vereint dabei das Höchstmaß an Dynamik und Fahrspaß. Da gilt es mit stoischer Ruhe die Hochlandku­rven ambitionie­rt zu nehmen, kurz vor der flotten Achtgang-Automatik den Hut zu ziehen und den Jaguar im Schubbetri­eb schön am Sprotzeln und Knallen zu halten.

Wobei: Der Vierzylind­er steht in puncto Fahrspaß seinen wilderen Artgenosse­n um nichts nach. Er ist der kostengüns­tigere Kompromiss, der sowohl Cruiser als auch Flitzer überzeugt. Fazit: „Not only bad guys drive Jags.“Zumindest in der kleinen Pastelaria ist man sich bei Kaffee und Pastéis de Nata darüber im Klaren.

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Klotzen statt kleckern im Großstadtd­schungel: Auf Tarnfarben hat man bei der überarbeit­eten Edelreihe von Jaguar weitgehend verzichtet.
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Am kurzen Heck erstrahlen die Leuchten in neuem Glanz.

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