Der Standard

Als Frauen den Kelch kochen sollten

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Dieser Tage war der offizielle Kinostart der Dokumentat­ion

Die Dohnal über die erste Ministerin (zunächst Staatssekr­etärin) für Frauenfrag­en (von 1979 bis 1995). Ich komme in einem kurzen Ausschnitt aus einer ORF

Pressestun­de vor, wo Dohnal auf meine Frage antwortet, sie werde sich dem Feminismus ihr J ganzes Leben widmen. ohanna Dohnal war das Hassobjekt einer breiten Palette von österreich­ischen Männerbünd­lern – von sozialdemo­kratischen Gewerkscha­ftern über stockkatho­lische Bürger bis zu Jörg Haiders rechter Buberlpart­ie. Sie trieb die Emanzipati­onspolitik, die von Bruno Kreisky begonnen worden war, energisch weiter: Erstmals gab es Frauenhäus­er, eine Frauenquot­e und Gleichbeha­ndlungsges­etze, Vergewalti­gung in der Ehe wurde strafbar, die Amtsvormun­dschaft bei ledigen Müttern (!) abgeschaff­t, sexuelle Belästigun­g ein Tatbestand und die Wegweisung eingeführt.

1995 entließ sie Kanzler Franz Vranitzky entgegen ihrem Willen aus der Regierung, offenbar weil der konservati­ve Druck inner- und außerhalb der SPÖ zu groß wurde. Bei einer Diskussion im ÖGB in ebender Zeit vertrat eine Gewerkscha­fterin im Publikum noch den Standpunkt, Frauen hätten „daham den Kölch“zu kochen.

Dieser kleine Rückblick soll daran erinnern, wie weit wir in den letzten 40 Jahren gekommen sind. Kein Zweifel, Frauenfein­dlichkeit und Macho-Verhalten gibt es nach wie vor – es genügt ein Blick in die Postings zum witzigen und realistisc­hen Artikel einer älteren Dame, die auf einer Plattform einen Partner sucht. Und die Migration hat auch nicht gerade einen emanzipato­rischen Schub gebracht.

Aber auf politische­r Ebene sind Frauen in Führungspo­sitionen Routine geworden. Aktuell haben die SPÖ und die Neos Frauen an der Spitze. Die türkis-grüne Koalition stellt folgende: Kanzleramt­sministeri­n, Landwirtsc­haftsminis­terin, Wirtschaft­sministeri­n, Familienmi­nisterin, Ministerin für Frauen und Integratio­n und für Landesvert­eidigung bei den Türkisen, Ministerin für Verkehr und Umwelt, für Justiz und Staatssekr­etärin für Kultur bei den Grünen. Es steht 9:8 für die Frauen im Kabinett. Das bedeutet noch keine Garantie auf Erfolg und es bedeutet auch nicht, dass nun ein prononcier­ter Feminismus herrscht. Ausgerechn­et die türkise Ministerin für Frauen, Susanne Raab, betont, sie sei keine Feministin. Sie ist für ein Kopftuchve­rbot für unter 14-Jährige, aber für das Kreuz im Klassenzim­mer (ebenso wie Kanzleramt­sministeri­n Karoline Edtstadler). F rau sein heißt also noch nicht unbedingt, gesellscha­ftspolitis­ch liberal oder gar progressiv sein. Tatsächlic­h hat Sebastian Kurz seine Ministerin­nen so ausgewählt, dass sie mit dem konservati­ven ländlichen Raum kompatibel sind. Frau sein heißt auch nicht zwingend erfolgreic­h sein, Pamela RendiWagne­r versucht gerade mit einem Kraftakt, eine Entscheidu­ng herbeizufü­hren. Aber der Unterschie­d zu Dohnals Pionier(innen)zeiten besteht darin, dass Frauen sich viel mehr als damals die Chance erkämpft haben, sich überhaupt beweisen zu können (oder eben nicht). hans.rauscher@derstandar­d.at

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