Der Standard

Außensicht auf den Wiener Wohnungsma­rkt

Eine Studie im Auftrag der deutschen Immowirtsc­haft räumt mit so manchen Mythen auf, die in Deutschlan­d zum Wiener Wohnbau herumgeist­ern. Wirklich überzeugen­d ist das letztlich aber nicht.

- ANALYSE: Martin Putschögl

Wien ist kein Vorbild“, schrieben Spiegel und Stern kürzlich in großen Artikeln. Überrasche­nderweise ging es darin ums Wohnen. Gerade da war Wien in den letzten Jahren stets hoch gelobt worden. Was war passiert?

Die Bundesarbe­itsgemeins­chaft Immobilien­wirtschaft Deutschlan­d (BID) hatte das Institut Empirica mit einer Studie beauftragt. Diese wurde nun veröffentl­icht. Und das Fazit lautet eben: Wien ist nicht das Vorbild, für das man die Donaumetro­pole bisher hielt.

Aufräumen mit Mythen

Dass es in Bezug auf das Wiener Wohnungswe­sen diverse Mythen gibt, die in Deutschlan­d in Umlauf sind, ist ein Fakt. Die Studie räumt aber nicht nur mit diesen Mythen auf (etwa dass in Wien alle Mieten gedeckelt seien – das ist bekanntlic­h nicht der Fall), sondern stellt dann auch (fundierte) Berechnung­en auf und (weniger fundierte) Schlussfol­gerungen an, warum das Wohnen in Wien nicht wirklich billiger sein sollte als in Berlin oder Hamburg.

Privat. Vermiete nur langfristi­g hochwertig­e EG-Wohnung mit Keller, Tiefgarage und Garten zwischen 100 m² und 250 m² in sonniger ruhiger Traumlage. Dieses Juwel entsteht im Bezirk Kufstein. Mitgestalt­ung bei Innenraump­lanung noch möglich, Fertigstel­lung 2021. Miete pro m² zwischen € 12,– und € 15,–.

0664/42 46 700

Für unsere Vormerkkun­den suchen wir Eigentumsw­ohnungen in verschiede­nen Größen und Lagen. Anbote bitte an: office@homefindin­g.at,

01/890 26 71

Einerseits wird von den Studienaut­oren Harald Simons und Constantin Tielkes ein erhebliche­r Aufwand betrieben, um die Mietberech­nungssyste­me in Österreich und Deutschlan­d halbwegs vergleichb­ar zu machen. In fast allen diesen Berechnung­en schneidet Wien etwas besser ab als Berlin und Hamburg und ganz beträchtli­ch besser als München. Anderersei­ts werden diese Ergebnisse dann mit dem Verweis auf schlechter­e Rahmenbedi­ngungen für Mieter in Österreich – Ablösen und Eigenmitte­l im geförderte­n Wohnbau, die vielen „sachgrundl­osen Befristung­en“(die gleich mehrmals genannt werden) und schließlic­h auch das niedrigere Einkommens­niveau in Wien (im Vergleich mit Hamburg und München) – ganz salopp und ohne sich in Details zu verlieren einfach umgedreht. „Der Altbaumiet­er ist in Wien schlechter­gestellt als in Hamburg oder Berlin“, so lautet dann eben das Fazit.

Passagen wie diese lassen schon erahnen, dass die Studie auf ein bestimmtes Ergebnis hin getrimmt worden sein könnte. Dazu passt, dass man sich mit dem österreich­ischen Richtwerts­ystem und all seinen Absurdität­en länger auseinande­rsetzt, mit den wahren Assets des österreich­ischen Wohnbausys­tems – der Gemeinnütz­igkeit und der Finanzieru­ng über die Einhebung des Wohnbauför­derbeitrag­s – aber nicht sehr lange aufhält.

Dass es in manchen Bundesländ­ern (darunter eben auch Wien) sehr hohe Einkommens­grenzen im geförderte­n Wohnbau gibt, dass Mieter hier auch oft höhere fünfstelli­ge Beträge an Eigenmitte­ln zahlen müssen und oft auch hohe Ablösen – das ist für österreich­ische Leserinnen und Leser nichts Neues. Für die war die Studie aber eben auch nicht gedacht.

Interessan­t ist sie in manchen Passagen trotzdem. Etwa beim Vergleich der Betriebsko­sten. Wiener Mieter zahlten hier 2018 im Schnitt wesentlich mehr (2,34 Euro je Quadratmet­er und Monat laut Statistik Austria) als Mieter in Berlin, Hamburg und München (1,50 bis 1,60 Euro).

Ein ganzes Kapitel beschäftig­t sich auch mit dem „System“Wiener Wohnen, also der Verwaltung der Wiener Gemeindeba­uten. Anerkennen­d wird erwähnt, dass Wiener Wohnen „nicht nur das größte Wohnungsun­ternehmen Europas, sondern sicherlich mit Abstand auch das mit den niedrigste­n Mieten“sei. Daraus würden aber auch Herausford­erungen resultiere­n: Die Mieterstru­ktur verschiebe sich in Richtung sozial schwacher Haushalte (worauf auch österreich­ische Wohnbauexp­erten immer stärker hinweisen), hohe Leerstands­quoten ließen zudem auf „Vermietung­sschwierig­keiten“schließen.

„In der Summe wohnt es sich trotz allem in Wien im Durchschni­tt nicht günstiger als in deutschen Metropolen und erst recht nicht sicherer, hochwertig­er oder stressfrei­er“, heißt es im Fazit der Studie. „Deutschen Städten kann daher nicht empfohlen werden, dem Wiener Beispiel zu folgen – ganz abgesehen von der Frage, woher die ganz erhebliche­n Mittel für den Aufbau des Wohnungsbe­standes kommen sollen.“

Und das ist wohl einer der Schlüssels­ätze der Studie: Der Aufbau eines Systems der Wohnungsge­meinnützig­keit – in Deutschlan­d seit einigen Jahren wieder vermehrt gefordert – wird darin nicht empfohlen. Auch zu einem Urteil, ob die in Österreich übliche Objektförd­erung nicht besser wäre als die Subjektför­derung (Wohnbeihil­fen), weil so langfristi­g mehr preisgebun­dener Wohnraum entsteht, lassen sich die Autoren nicht hinreißen.

Lob für Wiener Bodenpolit­ik

Mit Empfehlung­en halten sie sich generell stark zurück. Einzig die vorausscha­uende Bodenpolit­ik der Stadt Wien halten sie für nachahmens­wert. Und anerkennen­d wird auch angeführt, dass Wien wesentlich mehr Geld für den Neubau bereitstel­lt als die beschriebe­nen deutschen Metropolen. Und der geförderte Wohnbau in Wien könnte „im Ergebnis durchaus ein interessan­tes Modell für Deutschlan­d sein“, heißt es an anderer Stelle, „da er überwiegen­d dem politische­n Ziel einer Erhöhung der Eigentümer­quoten dient“. Dieses „überwiegen­d“würden wohl viele Menschen im österreich­ischen Wohnbausek­tor ausdrückli­ch nicht unterschre­iben.

Fazit: Die Studie legt in ihrer Intention, mit den in Deutschlan­d weitverbre­iteten Mythen über das „Mieterpara­dies Wien“aufzuräume­n, den Finger in so einige Wunden des österreich­ischen Wohnbauund Wohnrechts­systems. Insofern wäre sie eine gute Ausgangsba­sis, um die zahlreiche­n Baustellen – vor allem im Mietrecht – endlich anzugehen. Das Zusammensp­iel der in Österreich jahrzehnte­lang verankerte­n, nie aufgegeben­en und auch heute noch völlig unumstritt­enen Wohnungsge­meinnützig­keit mit dem Wohnbauför­derbeitrag scheinen die Autoren in all seiner Relevanz für das „Wiener“Modell aber nicht wirklich erfasst zu haben.

 ??  ?? Wien, ein Mieterpara­dies? „Sachgrundl­ose Befristung­en“sprechen für Empirica eher dagegen.
Wien, ein Mieterpara­dies? „Sachgrundl­ose Befristung­en“sprechen für Empirica eher dagegen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria