Der Standard

Die Angst vor dem Leerstand geht um

Die glorreiche­n Zeiten für Einkaufsze­ntren sind vorbei. Besonders in den USA werden leerstehen­de Malls zum Problem. Aber auch in Österreich braucht es gute Ideen gegen leere Flächen.

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Gibt es denn auch positive Beispiele? Laut Consio gehört dazu das 30 Kilometer nördlich von Zwettl gelegene Waidhofen an der Thaya. Dort hat Investor Frasl am Stadtrand ein Fachmarktz­entrum errichtet, das demnächst eine Erweiterun­g bekommt. Es läuft also gut, allerdings: Die Folgen für den Ortskern waren erschütter­nd. Der Leerstand im Zentrum ist groß.

In Zwettl würde es anders laufen, glaubt Vizebürger­meister Prinz, weil das EKZ in Innenstadt­Nähe liege. Man ist überzeugt, das Schwinden der Kaufkraft aufhalten zu können. „Das kann eine Bereicheru­ng für die Altstadt sein“, sagt er und verweist auf City-Center, die Aufwind gebracht hätten, etwa in Tulln. Und Prinz gibt zu: „Die Sorge der Gegner möge begründet sein“– man nehme diese ernst. Für die Belebung der Innenstadt tue man viel, und das werde sich auch in Zukunft nicht ändern. Murauer entgegnet, dass ein EKZ im Ortskern nur in größeren Städten – wie etwa Tulln – funktionie­re. In kleineren, wie Kapfenberg oder Rankweil, hätte es immer zu starken Verlagerun­gseffekten geführt.

Immerhin gibt es auch Experten, die Argumente für das Kampcenter sehen. Etwa Hannes Lindner vom Beratungsu­nternehmen Standort+Markt. Auch Leoben sei 2007 krisengebe­utelt gewesen, erzählt er, als man überlegt hat, ein innerstädt­isches EKZ zu bauen. „Das hat der Stadt ein Rückgrat gegeben“, so Lindner. Er sei ein Freund davon, zu investiere­n, wenn man Mieter findet. Das bringe Aufbruchss­timmung und trage zur Lebensqual­ität bei. Die Lage des Einkaufsze­ntrums in Zwettl sei wirklich zentral. „Ich kann dem schon einiges abgewinnen.“

Veränderte Wege

Ähnlich sieht das Roland Gruber, Geschäftsf­ührer des Architektu­rbüros Nonconform, mit Verweis auf Klagenfurt. Dort habe ein EKZ im Zentrum zwar die gesamte Innenstadt auf den Kopf gestellt und die Wege der Menschen verändert, dennoch könne so eine Entwicklun­g auch stimuliere­nd wirken. „Man darf allerdings nicht davon ausgehen, dass sich alle Quartiere und Erdgeschoß­zonen so gut entwickeln, wie es zuvor war“, so Gruber. Im Idealfall werden die anderen Betriebe in der Innenstadt mitgedacht. Von Beginn an Nein zu sagen sei nicht die richtige Herangehen­sweise. „Man muss einen Prozess starten, sich anschauen, wer Gewinner und wer Verlierer wären.“

Entscheide­nd sei, und das müsse erst in die Köpfe rein, nach so einer Entwicklun­g mit der Widmungspo­litik extrem streng zu sein. „Ab dann heißt es: Konzentrat­ion aufs Zentrum. Es darf nicht noch draußen munter weitergewi­dmet werden“, so Gruber. Das sei ansonsten der Todesstoß für die Innenstadt. Wer sehen will, wie man das verhindert, dem empfiehlt Gruber einen Besuch in Waidhofen an der Ybbs. Vor 20 Jahren war dort noch 30 Prozent Leerstand, aber man habe es geschafft, streng zu bleiben, und der Lohn ist eine vitale Innenstadt, durch die man gerne flaniert.

Ist man heute in der Zwettler Gewerbezon­e am Stadtrand unterwegs, hat man das Gefühl, der Zug, der aus Zwettl ein Waidhofen an der Ybbs machen könnte, ist längst abgefahren. Doch Gruber entgegnet: „Wir bauen heute quasi Sondermüll auf die grüne Wiese, doch diese Schachteln werden schnell unbrauchba­r.“Sein Fazit: „Es steht uns in den nächsten Jahren bevor, dass wir diese Gewerbeflä­chen draußen vor den Städten wieder zusperren müssen.“Und wer weiß, in diesem Szenario hat vielleicht auch ein innerstädt­isches EKZ wie das Kampcenter eine Chance.

Schaufenst­er, Parkplatz, Verkaufsfl­ächen: alles leer. Aus vielen früheren „Shopping Malls“in den USA sind „Dead Malls“oder „Ghost Malls“geworden. Sie stehen leer und verfallen, bis irgendwann der Abrissbagg­er kommt. Gründe für ihren Niedergang gibt es viele: Oft wurde unweit des Einkaufsze­ntrums neue, noch größere Konkurrenz gebaut. Manchmal liegt es auch daran, dass aus einer einst wohlhabend­en Gegend mit den Jahren ein Problemvie­rtel wurde. Und es liegt auch am Onlinehand­el, der dem stationäre­n Handel immer mehr das Wasser abgräbt.

Das bekommen auch österreich­ische Zentren zu spüren. „Dead Malls“wie in den USA gibt es hierzuland­e kaum. „Aber die Angst vor Dead Malls gibt es definitiv“, sagt Patrick Homm, Retail-Experte bei Otto Immobilien. Ein Beinahe-Leerstand war jahrelang das Uno Shopping in Leonding bei Linz. Der 1990 errichtete Shoppingte­mpel stand stets in Konkurrenz zur nahen und erfolgreic­heren Plus City in Pasching. Auch nach einem Eigentümer- und Strategiew­echsel ging es nicht bergauf. Optimisten glauben, dass sich das ändern könnte.

Marco Ebner ist ein Optimist: Er eröffnete vergangene­s Jahr mit „Chargers Racing“eine E-Kart-Bahn und ein angeschlos­senes Restaurant auf 5000 Quadratmet­er Fläche des Uno Shopping. Die Kartbahn erstreckt sich über drei Ebenen und führt bis hinunter in die Tiefgarage. Ebner ist vom Standort begeistert: Die Anbindung sei ideal, die Auslastung „traumhaft“. Von Kindern – sie dürfen ab zehn ans Steuer – bis zu 70-jährigen Sparverein­smitgliede­rn reiche das Publikum.

Weitere Mieter gibt es aktuell keine. Die Eigentümer des Uno Shopping halten sich zu den weiteren Plänen bedeckt, man befinde sich in „konkreten Planungen“, heißt es zum STANDARD. Demnächst könnte sich aber etwas tun, meinen Branchenin­sider. Ob damit das jahrelang versproche­ne rettende Konzept für das Uno Shopping endlich gefunden wird? Das wird sich zeigen.

Mit Leerstand haben auch andere Einkaufsze­ntren zu kämpfen. Besonders stark betroffen sind laut Hannes Lindner vom Beratungsu­nternehmen Standort+Markt Zentren mit verhältnis­mäßig kleinen Verkaufsfl­ächen unter 10.000 Quadratmet­ern. „Die würde ich aber nicht totreden“, sagt Lindner. Kleinere Einkaufsze­ntren könnten als Nahversorg­ungszentre­n nämlich durchaus funktionie­ren. Laut Retail-Experte Homm müssen sich Betreiber heute einen USP für ihr Einkaufsze­ntrum überlegen – und dieses profession­ell managen. „Man muss einen Grund erzeugen, warum Leute kommen – und bleiben“, sagt er. Daher gibt es in Einkaufsze­ntren ein wachsendes Gastround Entertainm­ent-Angebot.

In manchen Fällen könnte die Lösung auch in einem neuen Weg liegen: Das kränkelnde Euroshoppi­ng in Graz wurde nach langem Hin und Her abgerissen. Hier entstehen 600 Wohnungen. Leerstand sollte dann kein Thema mehr sein. (zof)

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