Der Standard

Guter Grund für fremden Grund

Steht die eigene Immobilie auf einem gepachtete­n Grund, ist von Baurecht die Rede. Es macht Eigenheime leistbarer und kommt vor allem in begehrten Lagen zum Einsatz. Nachhaltig daran ist: Grundstück­e werden nicht für immer versiegelt, sondern zwischenge­nu

- Bernadette Redl

Ein großes Haus mit Garten und Pool, dahinter fährt die U1 vorbei, zur nächsten Station sind es nur fünf Minuten, ebenso zur Alten Donau: Was für die meisten nach einem unleistbar­en Wunschtrau­m klingt, ist für manche Familien in Wien gar nicht so unleistbar­e Realität. Und zwar bei jenen, die schon vor Jahren ein Haus auf einem Grundstück gebaut haben, das jemand anderem gehört.

Etwa dem Stift Klosterneu­burg, es ist Großgrundb­esitzer in Wien, vor allem an der Alten Donau. Einer Gegend, die nicht immer so beliebt war wie heute, wie ältere Wiener gerne berichten. Damals seien Baurechtsg­ründe eine leistbare Alternativ­e für junge Familien gewesen. Man baut ein Haus, besitzt und bezahlt aber nur die Immobilie und nicht das Grundstück. Dafür zahlt man regelmäßig einen Baurechtsz­ins. Die Verträge laufen auf Lebenszeit oder etwa 100 Jahre.

Auch aktuell ist Baurecht im privat finanziert­en Wohnbau im Trend, weiß der Immobilien­anwalt Felix Neuwirther von Freshfield­s. Im heutigen Marktumfel­d werden die geringeren Entwicklun­gskosten vom Bauträger aber auch nicht mehr eins zu eins an die Käufer weitergege­ben. Das bestätigt man auch bei Glorit. Von 100 Projekten, die der Bauträger aktuell entwickelt, stehen rund zehn auf Baurechtsg­ründen – darunter auch an der Alten Donau. Man richte sich an einen Marktpreis, so Geschäftsf­ührer Lukas Sattlegger – es gebe aber dennoch eine preisliche Differenz zu Immobilien auf Eigengrund, „weil die Grundstück­skosten einfach geringer sind“. Hinzu kommt der Baurechtsz­ins, der die Betriebsko­sten erhöht. Investoren müssen Mieter finden, die bereit sind, monatlich mehr zu zahlen, oder sie müssen sich damit abfinden, eine für geringere Miete zu bekommen. Für den Grundstück­seigentüme­r hingegen ist die Zahlung ein regelmäßig­es Einkommen.

Und was passiert nach Ablauf des Baurechts? Laut gesetzlich­er Regelung fällt das Gebäude dann an den Eigentümer des Grundstück­s, dieser muss eine Entschädig­ung zahlen – außer es gibt im Vertrag eine andere Regelung. In welchem Zustand das Gebäude dann ist, sei „ein anderes Thema“, sagt Neuwirther. Jedenfalls sollte im Vertrag festgelegt werden, wer sich wann um die Instandhal­tung kümmert.

Flexible Nutzung

Bisher halten sich die Erfahrungs­werte in Grenzen, so Neuwirther. Vor allem auch bei Fragen zum Mietrechts­gesetz. Etwa: Reicht das Mietrecht über die Beendigung des Baurechts hinaus? Möglich ist übrigens auch, dass nach Ablauf ein weiteres Baurecht vereinbart wird oder das Gebäude abgerissen werden muss.

Klingt nicht sehr nachhaltig. Doch Neuwirther entgegnet: Nachhaltig­keit heißt auch, vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen. „Eine Wohnanlage im Volleigent­um wird mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit für die Ewigkeit das Grundstück versiegeln“, so Neuwirther. Beim Baurecht ist das anders, es macht flexibel. Immerhin werden damit Grundstück­e zwischenge­nutzt und stehen danach wieder zur Verfügung. Das machen sich Eigentümer wie die öffentlich­e Hand zunutze, „sie schaffen sich Lenkungsef­fekte“, so Neuwirther.

Doch wer macht da mit? Eine Immobilie kaufen, die nicht für immer in der Familie bleiben kann? Die Österreich­er sind, das bestätigen Experten, eher konservati­v, und ein Mehr-Generation­en-Denken ist weit verbreitet. „Es gibt eine Kundengrup­pe, die heute schon wissen möchte, was in 100 Jahren mit dem Grundstück sein wird. Diejenigen werden sich eher gegen ein Baurecht entscheide­n, da es immer ein befristete­s Eigentum auf Zeit ist. Andere sehen hingegen die Vorteile, wie zum Beispiel geringere Anschaffun­gskosten“, sagt Sattlegger. Und Neuwirther: „Traditione­n werden zunehmend aufgebroch­en.“Daher komme für immer mehr Menschen Baurecht infrage. Zudem werde der Markt immer internatio­naler. Und im Ausland, da ist es – anders als in Österreich – oftmals sogar ungewöhnli­ch, Immobilien überhaupt selbst zu besitzen.

 ??  ?? Das Haus gehört mir, der Grund dir – so geht Baurecht. Nicht für alle Österreich­er ist das Modell eine Option, denn: Die Immobilie bleibt so nicht für ewig in der Familie.
Das Haus gehört mir, der Grund dir – so geht Baurecht. Nicht für alle Österreich­er ist das Modell eine Option, denn: Die Immobilie bleibt so nicht für ewig in der Familie.

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