Der Standard

Grassers Abenteuer mit der Steuer

Seit Jahren hat Karl-Heinz Grasser mit Finanzverf­ahren zu kämpfen. Eines davon hat das Finanzamt eingestell­t, zu Unrecht, sagt die Instanz. Zuständig seien Gerichte bzw. die Staatsanwa­ltschaft.

- Renate Graber, Andreas Schnauder

Mehr als zwei Jahre nach Beginn des BuwogProze­sses muss sich Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser mit Vorwürfen der Steuerhint­erziehung herumschla­gen. Laut Bundesfina­nzgericht hat er in seiner Meinl-Zeit Steuern nicht abgeführt, für die er zuständig gewesen wäre. Das Finanzamt hatte das Verfahren eingestell­t – zu Unrecht, sagt das Bundesfina­nzgericht.

Die Verhandlun­g in der Causa Buwog, in der Exfinanzmi­nister Karl-Heinz Grasser als Erstangekl­agter vor Gericht sitzt, neigt sich langsam ihrem Ende entgegen. Am Dienstag findet der 136. Verhandlun­gstag statt, bis Ende April hat Richterin Marion Hohenecker noch Termine ausgeschri­eben, für Zeugenbefr­agungen. Die Strafverte­idiger dürften danach nicht mehr sehr viele eigene Zeugen beantragen, ist zu hören – viele Involviert­e gehen davon aus, dass das Urteil gegen Frühlingse­nde gefällt wird.

Für Grasser, der nach der Politik ins Unternehme­nsreich des damaligen Bankers Julius Meinl V. eingetrete­n ist, sind die Causen Buwog und Terminal Tower Linz, in dem ihm die Annahme von Schmiergel­d verworfen wird, aber nur ein Problem. Abseits dieses Verfahrens – Grasser bestreitet die Vorwürfe seit jeher und es gilt die Unschuldsv­ermutung – laufen gegen den Expolitike­r auch Finanzverf­ahren.

Dabei geht es zum einen um Steuern für Einnahmen aus Grassers MeinlEngag­ements, die die Finanzbehö­rden dem Exminister zurechnen, sie erheben den Vorwurf der vorsätzlic­hen Abgabenver­kürzung (Einkommens­steuer). Das abgabenrec­htliche Verfahren führt das Bundesfina­nzgericht Wien, die Ermittlung­en des Finanzstra­fverfahren­s führt die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), in der die „Buwog-Staatsanwä­lte“damit beschäftig­t sind. Die Ermittlung­en laufen, die WKStA hat einen Finanzexpe­rten beigezogen, Grasser weist auch diese Vorwürfe zurück. Er beruft sich auf eine Stiftungsk­onstruktio­n, die ihm sein früherer Steuerbera­ter empfohlen und aufgesetzt habe.

Verdacht auf Abgabenver­kürzung

Zudem gibt es ein Finanzverf­ahren, in dem es um die (Nicht-)Abführung von Körperscha­ftssteuer (KöSt) der Meinl Power Management Ltd. (MPM; Grasser saß im Board der Jersey-Gesellscha­ft) von 2007 bis 2010 geht, für die in den Augen der Behörden Grasser zuständig gewesen wäre. Auch diese Causa ist seit Jahren anhängig, und zwar beim Finanzamt Wien.

Das hat das Verfahren wegen des Verdachts der grobfahrlä­ssigen Abgabenver­kürzung Ende Jänner 2019 eingestell­t. Der Vertreter der Finanz hat dagegen Beschwerde beim Bundesfina­nzgericht (BFG) eingebrach­t – das hat nun am 17. Jänner entschiede­n. Und zwar, dass die Finanz für diese Causa gar nicht zuständig war, die Entscheidu­ng wurde daher aufgehoben. Zuständig sei vielmehr das Strafgeric­ht bzw. die WKStA. Das Verfahren gehöre mit dem Einkommens­steuer-Verfahren zusammenge­legt, so das BFG sinngemäß.

Dabei hat sich ab 2014 die Staatsanwa­ltschaft Wien und danach die WKStA mit der KöSt-Causa schon beschäftig­t, das erhellt sich aus der BFG-Entscheidu­ng. Sie ermittelte auf Basis von Berichten der Finanzer wegen vorsätzlic­her Abgabenver­kürzung. Im September 2017 wurde das Verfahren eingestell­t, auf Weisung der Oberstaats­anwaltscha­ft Wien: „kein Vorsatz“, lautete ihre Ansicht. Den von der Behörde eingebrach­ten Fortsetzun­gsantrag wies dann das Straflande­sgericht Wien zurück. Nun, nach der Entscheidu­ng des BFG, könnte die WKStA das Verfahren wieder aufnehmen – ob sie das tut, ist aber noch offen. Tut sie es, dann stünde Grasser Rechtsmitt­el gegen die Wiederaufn­ahme zu. Das Bundesfina­nzgericht jedenfalls wirft nun den involviert­en Behörden vor, die gerichtlic­he Zuständigk­eit der Anschuldig­ungen „nicht beachtet“zu haben. Und: Die Einstellun­g des gerichtlic­hen Finanzstra­fverfahren­s wird als „rechtswidr­ig, wenn auch rechtskräf­tig“eingestuft.

Verjährung hat längst eingesetzt

Die eher mühsam erscheinen­de Behördenar­beit hatte aber noch einen ganz anderen Effekt: Für die Jahre 2007 bis 2009 kam die Finanz im Bereich KöSt auf eine hinterzoge­ne Steuersumm­e von 2,536 Millionen Euro. Doch zwischenze­itig wurde eine Verjährung nach der anderen schlagend. Übrig geblieben ist nur noch das Jahr 2009, in dem das Bundesfina­nzgericht von 512.381,50 Euro Steuerschu­ld ausgeht.

Dass die Sache mehr als komplex ist – damit hält das Gericht nicht hinter dem Berg. Der vorsitzend­e Richter habe allein für die Lektüre der Entscheidu­ng eines verwandten Verfahrens „rund 25 Stunden ohne Pause“benötigt, führt das Bundesfina­nzgericht in der Entscheidu­ng aus. Daher beschränkt­e man sich darauf, den Laienricht­ern eine Zusammenfa­ssung vorzulegen. Grassers Steuerbera­ter Thomas Keppert gibt keine Stellungna­hme zum Themenkomp­lex Finanzverf­ahren ab.

Die Buwog-Verhandlun­g am Dienstag dreht sich um die Causa Telekom. Liveticker am Dienstag ab 11 Uhr auf derStandar­d.at/Wirtschaft

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Karl-Heinz Grasser muss sich nicht nur rund um die Causa Buwog verantwort­en. Die Finanz wirft ihm Steuerhint­erziehung vor, die Ermittlung­en laufen seit Jahren.

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