Der Standard

Statistik-Chef mit höchster Hochschulp­rüfung gesucht

Ausschreib­ung für den Generaldir­ektor der Statistik Austria scheint auf Kanzleramt­smitarbeit­er mit Habilitati­on zugeschnit­ten

- András Szigetvari

In der Statistik Austria ist ein Machtwechs­el bereits vollzogen. Bei den Betriebsra­tswahlen setzte sich erstmals die Fraktion Sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fter (FSG) durch. Die FSG verdoppelt­e bei den Wahlen vergangene Woche ihren Mandatssta­nd fast und hält nun sieben der elf zu vergebende­n Mandate.

Erstmals seit der Ausglieder­ung der Statistik aus dem Kanzleramt im Jahr 2000 ist damit die Fraktion Christlich­er Gewerkscha­fter nicht tonangeben­d: Ihr Mandatssta­nd halbierte sich auf drei.

Das Ergebnis ist vor allem im Lichte der Turbulenze­n rund um die Statistik Austria interessan­t. Im Februar 2019 war bekannt geworden, dass das Kanzleramt eine

Reform der Statistik plant. Unter anderem sollte die Außenkommu­nikation der Institutio­n näher an das Kanzleramt angebunden werden, eine Reihe von Reformproj­ekten wurde gestoppt. Es folgte ein politische­r Aufschrei vonseiten der Opposition, die vor Message-Control bei den obersten Datenhüter­n Österreich­s warnte.

Der Statistik-Chef Konrad Pesendorfe­r sah auch die Unabhängig­keit der Statistik durch das Kanzleramt unter Sebastian Kurz (ÖVP) gefährdet. Pesendorfe­rs Vertrag ist mit Jahresende ausgelaufe­n – er leitet inzwischen die Statistik in Saudi-Arabien, was ihm seinerseit­s jede Menge Kritik einbrachte.

Sein alter Posten ist aber noch unbesetzt, wobei die Suche nach einem Nachfolger langsam in die heiße Phase kommt, Bewerbunge­n

sind bis 2. März möglich. Gemäß Ausschreib­ung wird jemand mit Studium der Sozial-, Wirtschaft­soder Rechtswiss­enschaften gesucht. Letzteres ist interessan­t: Der Hauptteil der Arbeit des fachlichen Leiters besteht nämlich darin, dafür zu sorgen, dass die Qualität der Daten hochwertig ist. Der fachliche Leiter der Statistik vertritt die Institutio­n zudem in internatio­nalen Gremien, übernimmt die Außenkommu­nikation und kann intern Akzente setzen, fachlich wie organisato­risch.

Dass auch ein Jurist für den Posten infrage kommt, sorgt in der Statistik für Spekulatio­nen darüber, wer es werden könnte. Gesucht wird jemand, der „eine Habilitati­on in einem der einschlägi­gen Fachgebiet­e“hat oder auf vergleichb­arem Niveau wissenscha­ftlich gearbeitet hat. Ein Name, der in der Gerüchtekü­che gehandelt wird: Thomas Kröll, assoziiert­er Professor am Institut für Österreich­isches und Europäisch­es Öffentlich­es Recht an der Wirtschaft­suni Wien. Er ist seit Juli 2018 karenziert. Kanzler Kurz holte Kröll damals als Chief Innovation Officer ins Kanzleramt. Aktuell leitet Kröll die Sektion für „Informatio­ns- und Innovation­smanagemen­t“, zuständig ist der habilitier­te Jurist laut Ministeriu­mswebsite für „ressortübe­rgreifende Koordinati­on der Innovation­sthemen“.

Gesucht wird neben dem fachlichen Leiter der Statistik Austria auch eine kaufmännis­che Leitung.

Für die Auswahl beider Funktionen soll es Hearings geben. Dafür wird eine Kommission eingericht­et, deren Hearings nicht öffentlich sind. Die Mitglieder der Kommission würden aktuell gesucht, verlautet aus dem Kanzleramt.

Die Besetzung des Statistika­mts lief seinerzeit unter Werner Faymann (SPÖ) ähnlich transparen­t ab: Faymann hievte 2010 seinen für Wirtschaft­spolitik zuständige­n Kabinettsm­itarbeiter Pesendorfe­r an die Spitze der Statistik. Was von der Opposition prompt kritisiert wurde, damals auch von den Grünen, die sich über mangelnde Transparen­z echauffier­ten. Eine parlamenta­rische Anfrage in der Causa eingebrach­t haben nun die Neos: Sie wollen wissen, nach welchen Kriterien die Reihung der Kandidaten erfolgt und wer über die Auswahl des Generaldir­ektors entscheide­t.

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