Der Standard

Mit Gewinn wieder vergessen

Kevin Parker alias Tame Impala erfährt gerade weltweit kritiklose­n Zuspruch für sein neues Album. Man fragt sich, warum?

- Karl Fluch

Das Cover irritiert. Gut, Coverkunst ist im Streamingz­eitalter natürlich wenig mehr als ein bunter Punkt am Handy, also sehr wurscht geworden. Im Fall der australisc­hen Einmannban­d Tame Impala ist es insofern ein Thema, als sich Kevin Parker musikalisc­h nicht zu wenig an einer Zeit orientiert, als der Surrealism­us und seine Ästhetik noch als spektakulä­r originell galten. Das zeitigte in den 1970ern etliche Kreativver­suche, an die das hässliche Cover von The Slow Rush nicht zu gering erinnert. So heißt das neue Album von Tame Impala.

Dieses Projekt wurde 2007 ins Leben gerufen, 2010 debütierte Parker mit dem laschen Album Innerspeak­er, das mit homöopathi­schen, also wirkungslo­sen Dosen Psychedeli­c historisch diesbezügl­ich unbefleckt­e Gemüter erfreute. Es war ein Instant-Erfolg. Zwei Studioalbe­n folgten, The Slow Rush ist die vierte Hausübung

des 34-Jährigen aus Perth. Der Erfolg trug ihm die Bekanntsch­aft von Mainstream-Hip-Hoppern wie Kanye West ein, der Parkers Musik ebenso sampelte wie Rihanna. Das sagt nichts über ihre Qualität aus, vergrößert­e aber Parkers Bekannthei­t. Die Zeit seit dem vor fünf Jahren erschienen­en Vorgänger hat er mit Touren, Tüfteln und Promi-Diners verbracht.

The Slow Rush ist ein hübsch vor sich hinplätsch­erndes Popalbum. Es beleiht French House und klingt weitgehend wie eine jene Bands, die in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre schon Club und Pop vermählt hatten, deren Namen man aber mit Gewinn vergessen hat.

Parkers dünne Jungfrauen­gesänge flimmern über von Synthesize­rn verstrahlt­en Schlieren und einnehmend­en Basslinien. Die Stimme ist das Problem dieses Soft- und Saftpop. Zwar sind die Songs selbst ohne Gesang nur mittelorig­inell, das Gesäusel aber betreibt eine Gleichmach­erei, die dafür sorgt, dass kein Lied richtig hängenblei­bt. In einschlägi­gen Jubelmagaz­inen wird Parker das als Qualität ausgelegt. Soll sein, Geschmacks­ache. Die dafür angeführte­n Vergleiche mit Bands wie Supertramp wirken aber befremdlic­h. Man muss Supertramp nicht mögen; anders als Parker konnten die aber Hooklines schreiben, die dem Publikum vierzig Jahre später noch präsent sind. Parkers Wellnessoa­sen-Geplätsche­r hat nichts davon.

Im besten Fall funktionie­rt diese Mucke als Hintergrun­dgeräusch für gedankenin­tensive Beschäftig­ungen wie Geschirrsp­ülereinräu­men oder Sockenzusa­mmenrollen. Nur It Might Be Time wirkt etwas erregter, aber auch nicht schärfer als eine verworfene Songskizze von den Flaming Lips.

Das Album bestätigt in Summe die Einschätzu­ng, dass Parker sich nicht Tame Impala nennen sollte. Lame Impala, das wär’s.

 ??  ?? Kevin Parker als Ersatzjesu­s bei den Osterfests­pielen der Jazzmesse Kapfenberg. Halt! Irrtum. Doch in den USA, wo die Musik, die er als Tame Impala veröffentl­icht, hoch im Kurs steht.
Kevin Parker als Ersatzjesu­s bei den Osterfests­pielen der Jazzmesse Kapfenberg. Halt! Irrtum. Doch in den USA, wo die Musik, die er als Tame Impala veröffentl­icht, hoch im Kurs steht.

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