Der Standard

Röttgen kandidiert in CDU

2012 warf ihn Angela Merkel aus der Regierung, jetzt will der deutsche Ex-Umweltmini­ster Norbert Röttgen CDU-Chef werden. Seine überrasche­nde Kandidatur erschwert Kramp-Karrenbaue­r die Nachfolges­uche.

- Birgit Baumann aus Berlin

Der ehemalige deutsche Umweltmini­ster Norbert Röttgen, der 2012 von Bundeskanz­lerin Angela Merkel aus der Regierung geworfen wurde, kandidiert nun überrasche­nd für den Posten des CDU-Chefs.

Manchmal muss man sich ein bisschen aufdrängen, also stellt Norbert Röttgen am Dienstagmi­ttag in Berlin vor der Hauptstadt­presse klar: „Ich trinke am liebsten Espresso und stehe Einladunge­n offen gegenüber.“Es ist klar, mit wem der ehemalige Umweltmini­ster (2009 bis 2012) gern ein Käffchen, wie es bei den Deutschen heißt, nehmen würde: mit Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

Zu besprechen gibt es einiges, Röttgen nämlich hat am Dienstag in der deutschen Hauptstadt für eine handfeste Überraschu­ng gesorgt: Per Mail teilte er KrampKarre­nbauer mit, dass er sich um den CDU-Vorsitz bewerben wolle.

Er sei ja jetzt der vierte Kandidat aus Nordrhein-Westfalen, meint später jemand bei der Pressekonf­erenz. Da muss Röttgen korrigiere­n: „Ich bin nicht der vierte, sondern der erste.“

Tatsächlic­h: Man weiß von ExFraktion­schef Friedrich Merz, vom nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Armin Laschet und von Gesundheit­sminister Jens Spahn, dass sie bereit sind. Aber offiziell gemacht hat seine Kandidatur noch keiner.

Eigentlich wollte AKK das weitere Prozedere in dieser Woche mit den drei Herren klären. Natürlich braucht es eine tragfähige Lösung für die CDU, die Wünsche des Trios sollen auch erfüllt werden, und eine Kampfkandi­datur will man möglichst vermeiden.

Friede, Freude, Eierkuchen

Doch Röttgen sorgt jetzt für Wirbel, es ist unklar, ob und wie er überhaupt eingebunde­n werden könnte. Dass er die Hinterzimm­ertaktik stört, ist ihm völlig klar. Aber es sei nicht wichtig, dass „vielleicht drei Aspiranten zufrieden sind, und wir haben dann Friede, Freude, Eierkuchen“, sagt er.

Vielmehr gehe es um die „christlich demokratis­che Idee von der Zukunft unseres Landes“, und da habe er „seit dem Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbaue­r wenig gehört“. Ihm missfällt auch, dass sie für die Nachfolges­uche zunächst so viel Zeit eingeplant hat. Der CDU-Vorsitz dürfe nicht so lange vakant sein, die Frage der Kanzlerkan­didatur solle man dann später lösen, meint Röttgen.

In einem Punkt ist sich der 54Jährige sicher: Angela Merkel wird, wie geplant, bis 2021 Kanzlerin bleiben. Wie denn das mit ihm als CDU-Chef funktionie­ren solle, will jemand von ihm wissen. Schließlic­h hat Röttgen ein Alleinstel­lungsmerkm­al unter allen, die je an Merkels Kabinettst­isch saßen: Er ist der einzige Minister, den sie hinauswarf.

Landtagswa­hl verloren

2012 war das. Röttgen hatte die Landtagswa­hl in Nordrhein-Westfalen gegen Hannelore Kraft (SPD) verloren, nachdem er die Wahl zu Merkels Missfallen zu einer Abstimmung über ihre Euro-Rettungspo­litik hatte machen wollen. Danach weigerte er sich als Opposition­sführer nach Düsseldorf zu gehen, er wolle nur Regierungs­chef sein. Merkel legte ihm daraufhin den Rücktritt als Bundesumwe­ltminister nahe, Röttgen lehnte ab und flog aus der Regierung.

Er habe aber aus seinen Fehlern gelernt, sagt er. Bezüglich einer möglichen Zusammenar­beit mit Merkel sieht er kein Problem. Beide hätten eine „gemeinsame Definition von Pflicht“. Nach seinem Rauswurf behielt Röttgen sein

Bundestags­mandat und machte sich als außenpolit­ischer Experte der Unionsfrak­tion einen Namen.

Röttgen gilt – wie Merz – als Merkel-Kritiker, wird aber nicht dem konservati­ven Lager zugerechne­t. Als CDU-Chef würde er für eine klare Abgrenzung zur Linksparte­i und zur AfD sowie für einen besseren Dialog zwischen Ost- und Westdeutsc­hen sorgen. Er fordert außerdem mehr Klimaschut­z, auch um die jungen Wählerinne­n und Wähler nicht zu verlieren.

Überraschu­ng in Thüringen

Auch in Thüringen gibt es eine überrasche­nde Wende. Bodo Ramelow (Linke) will sich nun nicht mehr vom Landtag zum Ministerpr­äsidenten einer rot-rot-grünen Minderheit­sregierung wählen lassen, sondern schlägt als Regierungs­chefin für den Übergang die

CDU-Politikeri­n Christine Lieberknec­ht vor. Die 61-Jährige war vor seiner Zeit, von 2009 von 2014, Ministerpr­äsidentin von Thüringen und soll für ungefähr 70 Tage eine „technische Regierung“mit nur drei Ministern bilden, um Neuwahlen vorzuberei­ten.

Zunächst hatte sich Ramelow erneut zur Wahl im Landtag stellen wollen, aber die CDU signalisie­rte keine Unterstütz­ung. Nun bietet der Linken-Politiker die umgekehrte Variante an, um Thüringen handlungsf­ähig zu machen.

Ramelows Vorschlag weise „in die richtige Richtung“, sagt die CDU. Sie will aber, dass Lieberknec­ht

mit einer voll arbeitsfäh­igen Übergangsr­egierung betraut wird. Darin sollen Experten sitzen, die von Linken, CDU, Grünen, FDP und SPD gemeinsam berufen werden. Deren Aufgabe wäre zunächst einen Haushalt für 2021 zu erstellen und dann Neuwahlen zu organisier­en.

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Norbert Röttgen (54) stammt wie seine drei Konkurrent­en aus dem Landesverb­and Nordrhein-Westfalen.

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