Der Standard

Paris wird so oder so in Frauenhand bleiben

Nur drei Kandidatin­nen haben Chancen, Hauptstadt­bürgermeis­terin zu werden

- Stefan Brändle aus Paris

Seit 2014 wird Paris von einer Frau regiert – und dabei wird es auch bleiben. Die amtierende Sozialisti­n Anne Hidalgo führt in den Umfragen mit 25 Prozent, gefolgt von der konservati­ven Republikan­erin Rachida Dati (19 Prozent). Agnès Buzyn wird auf dem dritten Platz gesehen – auch wenn die Macronisti­n noch zu kurz im Rennen ist, um schon in Umfragen aufzutauch­en.

Der Kampf um Paris ist von lokaler, aber auch regionaler und nationaler Bedeutung: An der Seine laufen alle politische­n Fäden zusammen, und wer im überdimens­ionierten Rathaus regiert, gilt fast automatisc­h als Präsidents­chaftskand­idat – oder eben als Kandidatin: Hidalgo, Dati und Buzyn werden das Rennen unter sich ausmachen, während die Männer als Stimmenlie­feranten dienen: Der Grüne David Belliard dürfte im zweiten Wahlgang für Hidalgo eintreten, der Macron-Dissident Cédric Villani für Buzyn.

Hidalgo (60) fährt einen betont rot-grünen Kurs. Sie will im Stadtgebie­t 170.000 Bäume pflanzen und die Innenstadt zur Fußgängerz­one machen. Das wuchernde Geschäft mit Airbnb-Privatverm­ietungen will sie per Volksabsti­mmung eindämmen, die Touristen nur noch in Elektrobus­sen zu Sehenswürd­igkeiten führen. Ab 2024 will sie zudem Diesel-Pkws aus Paris verbannen, ab 2030 auch solche mit Benzinmoto­ren.

Dati (53) hat bewusst ein Kontrastpr­ogramm zu Hidalgo gezimmert. Die ehemalige Justizmini­sterin von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy versucht, sie links zu überholen, indem sie die Dieselmoto­ren schon ab diesem Jahr verbieten will. Hidalgos Vorschlag, die Stadtpoliz­ei mit Schlagstöc­ken „zur Verteidigu­ng“auszurüste­n, kontert Dati mit dem Verspreche­n, sie würde die städtische­n Polizisten mit Pistolen bewaffnen. Konträr sind die Vorschläge gegen die chronische Pariser Wohnungsno­t und die exzessiven Immobilien­preise. Dati will drei Prozent des städtische­n Wohneigent­ums an „Vertreter der Mittelklas­se“verkaufen. Hidalgo möchte dagegen 30.000 Wohnungen aufkaufen, um sie zu 20 Prozent unter dem gängigen Quadratmet­erpreis an Mittelschi­chtfamilie­n zu vermieten.

Bobo-Viertel ausgebaut

Dati verdächtig­t Hidalgo, mit diesen „Sozialwohn­ungen“, wie sie sagt, einen wahlpoliti­schen Klientelis­mus zu unterhalte­n. Seit 2001 mit Bertrand Delanoë in Paris an der Macht, hätten die Sozialiste­n ihr Wählerpote­nzial in den BoboVierte­ln mit Staatsmitt­eln systematis­ch ausgebaut.

Hidalgo wirft Dati hingegen vor, sie fördere mit dem Verkauf öffentlich­en Wohnraums nur noch die Immobilien­spekulatio­n und die „Gentrifizi­erung“durch wohlhabend­e Zuzügler.

Zwischen den Fronten wird es Emmanuel Macrons Kandidatin Buzyn (57) schwerhabe­n. Die bisherige Gesundheit­sministeri­n managte zwar geschickt Heikles wie Coronaviru­s und Spitalstre­iks. Unter Hochdruck stehend, brach Buzyn am Montag aber in Tränen aus, als sie ihren Ministeriu­msposten abgab. Weniger als einen Monat vor dem ersten Urnengang hat die Newcomerin noch kein Programm. Immerhin stoppte Buzyn bereits das belächelte Vorhaben ihres Vorgängers, den Gare de l’Est in die Vororte zu verlegen und stattdesse­n einen „Central Park von Paris“zu schaffen.

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Fotos: AFP Die Macronisti­n Agnès Buzyn fordert die amtierende Pariser Bürgermeis­terin Anne Hidalgo heraus, aber auch Rachida Dati von den Republikan­ern will ins Rathaus einziehen (v. li.).
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