Der Standard

Das neue grüne Faible für Generalsek­retäre

Früher waren sie den Grünen ein Dorn im Auge, jetzt möchten sie selbst nicht drauf verzichten: auf die Generalsek­retäre in den Ministerie­n. Lediglich Justizmini­sterin Alma Zadić bleibt bei ihrem Nein.

- Maria Sterkl, Michael Völker

Für Stefan Wallner ist es eine Reise „back to the roots“. Er wird Generalsek­retär im Sozialmini­sterium, jenem Ressort, in dem er in früheren Zeiten als Generalsek­retär der Caritas viel Zeit in Expertengr­uppen und Verhandlun­gen verbracht hat.

Sozialpoli­tik ist für Wallner eine Leidenscha­ft, wie er sagt. Zuletzt war er bei der Erste Bank für Marketing, Kommunikat­ion und Marktforsc­hung zuständig, da kam diese Leidenscha­ft möglicherw­eise zu kurz. Bei der Ersten hatte Wallner mit Martin Radjaby zusammenge­arbeitet, einem Weggefährt­en auch bei den Grünen. Dort war Wallner Bundesgesc­häftsführe­r, Radjaby war für die Werbelinie und die Kampagnen zuständig. Jetzt übernimmt Radjaby Wallners Posten bei der Ersten, und Wallner kehrt in die Politik zurück.

Gut vernetzt

Der grüne Sozialmini­ster Rudolf Anschober ist dafür bekannt, extrem gut vernetzt zu sein. Das ist auch Wallner. Er soll das Ressort nach außen hin öffnen, die unter Beate Hartinger-Klein (FPÖ) erstickte Zusammenar­beit mit den Sozial-NGOs wieder suchen und auch für ein gutes Einvernehm­en mit den Sozialpart­nern sorgen. In erster Linie soll Wallner aber die geplante Pflegerefo­rm vorantreib­en und Finanzausg­leichsverh­andlungen mit den Ländern im

Gesundheit­s- und Sozialbere­ich vorbereite­n.

Sowohl Anschober als auch Wallner sind sich bewusst, dass der Job des Generalsek­retärs in den Ministerie­n durch die Handhabung unter Türkis-blau in Verruf geraten ist. Anschober beschreibt Wallners Funktion im Gespräch mit dem STANDARD als Management­funktion im Haus und als bewusste Öffnung nach außen.

Als sie noch außerparla­mentarisch­e Opposition­spartei waren, hatten die Grünen allerlei gegen die ministerie­llen Generäle einzuwende­n. Als „Politkommi­ssare“bezeichnet­e sie Parteichef Werner Kogler. Die Kritik: TürkisBlau würde den Beamten mächtige Parteileut­e vor die Nase setzen, die bis ins kleinste Detail überall hineinregi­eren könnten – und das noch dazu für ein hübsches Salär, das die teilweise eh schon überfracht­eten Budgets der Ministerie­n zusätzlich belasten würde. Unter einer grünen Regierung, so gelobte man, werde es keine Generalsek­retäre geben.

Tatsächlic­h hielten sich die Grünen auch nach der Regierungs­angelobung offen, ob sie Generalsek­retäre installier­en würden oder nicht. Die Ankündigun­g der ÖVP, man werde keinesfall­s auf diese mächtige Einflusspo­sition in den Ministerie­n verzichten, brachte die Grünen aber unter Druck. Zumal sich die Minister der Kleinparte­i in ihren Häusern zum Teil mächtigen, türkis geprägten Beamten gegenüber sehen. Trotzdem ließ die Parteiführ­ung den grünen Ministern offen, ob sie Generalsek­retäre installier­en. Vizekanzle­r Werner Kogler betraute mit Eva Wildfellne­r eine Kennerin des ministerie­llen Alltags, sie war Kabinettsc­hefin im Gesundheit­sministeri­um und zuletzt Leiterin des Büros von Übergangsf­rauenminis­terin Ines Stilling. Herbert Kasser, der Generalsek­retär unter Leonore Gewessler, hatte diese Position bereits zehn Jahre lang im Umweltmini­sterium inne, von 2007 bis zum Antritt von Türkis-Blau.

Das einzige Ressort, das bis heute ohne Generalsek­retariat auskommt, ist die Justiz. Wobei der Generalsek­retär unter TürkisBlau, Christian Pilnacek, als Sektionsch­ef für Strafsache­n nach wie vor ein Schwergewi­cht im Haus ist. Ministerin Alma Zadić lässt mitteilen, dass sie sich „im guten Einvernehm­en mit allen Sektionsle­itern“befinde und daher keinen Bedarf für diesen Posten sehe. „Bis auf weiteres“wolle man das auch so beibehalte­n.

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Ein Bild als früheren Zeiten: Werner Kogler, Eva Glawischni­g und Stefan Wallner.

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