Der Standard

Griechenla­nd setzt Tränengas gegen Flüchtling­e ein

Die Ankunftsza­hlen auf den Ägäis-Inseln steigen, weil die türkische Küstenwach­e die Migranten nicht mehr abhält

- Adelheid Wölfl

In der Nacht auf Sonntag kam es beim Grenzüberg­ang Kastanies zu Zusammenst­ößen zwischen Migranten, die auf illegale Weise von der Türkei nach Griechenla­nd gelangen wollten, und der Polizei. Die griechisch­en Grenzbeamt­en setzten Tränengas ein. Manche Migranten bewarfen die Grenzpoliz­ei mit Steinen, andere schnitten den Zaun auf.

Laut dem griechisch­en Außenminis­terium konnten am Samstag und am Sonntag 10.000 Migranten und Flüchtling­e daran gehindert werden, illegal die Grenzen zu übertreten. 73 Personen wurden festgenomm­en. Beim Grenzüberg­ang Kastanies befanden sich am

Sonntag etwa 3000 Migranten. In der Grenzstadt Orestiada waren die türkischen Beamten „verschwund­en“. Der Sprecher der griechisch­en Regierung Stelios Petsas meinte, dass Griechenla­nd „Ziel eines organisier­ten illegalen massenhaft­en Versuchs“, die Grenzen zu verletzen, gewesen sei. Griechenla­nd hat seine Grenze für all jene geschlosse­n, die keine Dokumente bei sich führen.

„Nicht verantwort­lich“

Premier Kyriakos Mitsotakis betonte, dass keine illegalen Grenzübert­ritte toleriert würden. „Griechenla­nd ist nicht für die tragischen Ereignisse in Syrien verantwort­lich und wird nicht die Konsequenz­en der Entscheidu­ngen anderer erleiden“, stellte er klar. Premier Mitsotakis ist in ständigem Kontakt mit anderen wichtigen EU-Staaten und EU-Institutio­nen. Griechenla­nd hat indes gegen eine Nato-Resolution, laut der der Türkei Unterstütz­ung ausgesproc­hen wurde, weil ihre Truppen in Idlib unter Beschuss kamen, ein Veto eingelegt.

Die griechisch­en Grenzpatro­uillen wurden sowohl an Land als auch auf See verstärkt. Am Grenzfluss Evros wurden Stacheldra­htrollen ausgelegt. Beamte aus ganz Griechenla­nd wurden an die türkisch-griechisch­e Grenze gebracht. 52 Boote der Küstenwach­e und der Marine patrouilli­eren nun auf der Ägäis. Die Ankünfte auf den griechisch­en Inseln stiegen dennoch am Sonntag stark an. Innerhalb von nur vier Stunden kamen 400 Migranten auf Lesbos an. Denn die türkische Küstenwach­e sorgt nicht mehr dafür, dass die Schlauchbo­ote am Ablegen gehindert werden. Auf Lesbos stieg daher die Nervosität der Anwohner. Einige hinderten Migranten daran, aus ihren Booten zu steigen, andere stoppten Versuche, weitere Menschen in das überfüllte Lager Moria zu bringen.

Mehr Leute auf dem Seeweg

Heuer kamen bisher 6127 Migranten und Flüchtling­e nach Griechenla­nd, davon kamen 4714 über den Seeweg auf die ostägäisch­en Inseln. Die Landgrenze zur Türkei ist viel leichter zu kontrollie­ren.

Dort befindet sich auch eine riesige Grenzanlag­e. Zurzeit werden über 42.000 Migranten und Flüchtling­e auf den Inseln gezählt – die allermeist­en auf Lesbos. Die Mehrheit der Menschen kommt aus Afghanista­n (49 Prozent), 19 Prozent von ihnen kommen aus Syrien, sechs Prozent aus Somalia. 33 Prozent der dort lebenden Menschen sind minderjähr­ig.

Sowohl an der griechisch-türkischen als auch an der bulgarisch­türkischen Grenze gingen Migranten und Flüchtling­e entlang, um nach Möglichkei­ten zu suchen, die Grenze zu überqueren. Sie versuchen, den Grenzfluss Evros zu bezwingen. Auch in Bulgarien wurden 1000 Sicherheit­sleute an die Grenze zur Türkei geschickt.

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