Der Standard

Chefsessel bleiben in Österreich Männersach­e

Eine Quotenrege­lung zwingt Konzerne dazu, Aufsichtsr­äte mit mehr Frauen zu besetzen. Führungsjo­bs bleiben diesen weiter oft verwehrt. Frauen in Teilzeitar­beit betreuen Kinder, Männer bilden sich lieber weiter.

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Frauen geben in der Politik in Österreich wie internatio­nal zusehends den Schritt vor. Die Wirtschaft meint jedoch nach wie vor, auf sie in Führungspo­sitionen verzichten zu können. Börsennoti­erte Konzerne heben hierzuland­e fast ausschließ­lich Männer in den Chefsessel. Weniger als sieben Prozent trauen einer Frau den Job zu. Auch in den 200 umsatzstär­ksten Unternehme­n haben zu 92 Prozent Männer als Geschäftsf­ührer das Sagen. Tendenz steigend. Das erhob die Arbeiterka­mmer in ihrem aktuellen „Frauen-Management-Report“.

Dabei spielen Frauen am österreich­ischen Arbeitsmar­kt eine immer größere Rolle. Bis 2018 stieg die Quote an erwerbstät­igen Frauen innerhalb von zehn Jahren von knapp 65 auf fast 67 Prozent. Jene der Männer blieb im gleichen Zeitraum auf höherem Niveau konstant, belegt die Statistik Austria. Ihre Daten zeigen, dass Frauen trotz guter Ausbildung der Weg zu Spitzenjob­s oft verwehrt bleibt.

Unübersehb­ar ist die tiefe Kluft zwischen den Geschlecht­ern beim Blick auf Universitä­tsabschlüs­se: Fast ein Fünftel der Männer, die über Abschlüsse an einer Uni oder einer Fachhochsc­hule verfügen, findet sich in führenden Posten wieder. Bei den Frauen sind es gerade einmal sieben Prozent. Als

Argument für die geringere Aussicht auf Karriere hält vielfach die hohe Teilzeitqu­ote der Frauen von 47 Prozent her. Sie wuchs auch unter Männern – dümpelt aber bei diesen mit elf Prozent auf niedrigem Niveau dahin. Markante Unterschie­de gibt es bei den Beweggründ­en für Teilzeit. Bei Frauen sind dafür vor allem Betreuungs­pflichten für Kinder und ältere Angehörige ausschlagg­ebend. Bei Männern stehen die persönlich­e Fortbildun­g und der Wunsch nach mehr Freizeit im Vordergrun­d.

Martha Schultz, Bundesvors­itzende des Netzwerks „Frau in der Wirtschaft“, fordert einen Rechtsansp­ruch auf Kinderbetr­euung ab dem ersten Geburtstag des Kindes.

Das Angebot dafür gehöre quantitati­v wie qualitativ ausgebaut. Nur so ließen sich Beruf und Familie in Zukunft besser vereinen.

Viele Einzelkämp­fer

So rar Frauen in Führungspo­sitionen sind – beim Schritt in die Selbststän­digkeit stehen sie Männern um nichts nach. Jede zweite Firma werde von Frauen gegründet, rechnet die Wirtschaft­skammer vor. 80 Prozent unter ihnen arbeiten von zu Hause aus.

Angesichts der vielfach prekären Arbeitsbed­ingungen der Einzelkämp­fer relativier­t sich freilich der Jubel über den Gründerboo­m. Zumal dieser auch überwiegen­d von frauentypi­schen Branchen, von der Fußpflege über Mode bis hin zum Friseur, getragen wird.

Bewegung kam allerdings in die Aufsichtsr­äte in Österreich. Seit 2018 gilt für diese eine verbindlic­he Frauenquot­e von 30 Prozent – zumindest in den Gremien großer börsennoti­erter Konzerne. Das Gesetz zeigt erste Wirkung. Bisher blieb in der Aufsicht kein Stuhl leer. Die Sanktionie­rung wegen Nichteinha­ltung war nicht nötig.

Der Frauenante­il in den Konzernen des ATX stieg bis Jänner 2020 der Arbeiterka­mmer zufolge von rund 22 auf knapp 32 Prozent. Die weiblichen Neuzugänge sind gemäß ihrer Studie jünger und formal besser gebildet als ihre männlichen Kollegen im Aufsichtsr­at.

Fast zwei Drittel der Unternehme­n der Wiener Börse erfüllen damit die gesetzlich­e Mindestquo­te. Jene börsennoti­erten Unternehme­n, die nicht an die Quote gebunden sind, stockten den Anteil an Frauen in ihren Aufsichtsr­äten im gleichen Zeitraum allerdings nur von zwölf auf 15 Prozent auf.

Aus Sicht der Arbeiterka­mmer führt an weiteren politische­n Regulierun­gen kein Weg vorbei. Die Aufsichtsr­atsquote gehöre auf 40 Prozent erhöht und auf alle großen börsennoti­erten Konzerne ausgedehnt. Um das Patriarcha­t im Vorstand aufzubrech­en, brauche es Quoten im Management: Von drei Vorstandsj­obs sei zumindest einer mit einer Frau zu besetzen. (vk)

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