Der Standard

Das Coronaviru­s könnte den Skiweltcup frühzeitig beenden.

Das Coronaviru­s bringt den Skiweltcup aus der Spur. Die Fortsetzun­g der Saison und das Finale wackeln. Der internatio­nale Skiverband zögert, Verantwort­ung zu übernehmen – sehr zum Unmut der Szene.

- Thomas Hirner aus Hinterstod­er

Der alpine Skiweltcup ist in die Zielgerade eingebogen, die letzten Meter werden jedoch von Hinderniss­en gesäumt, die aktuell nicht einmal zur Gänze erkennbar sind und den Wettstreit noch vor der Ziellinie zum Erliegen bringen könnten. So schwebt die Absage des Weltcupfin­ales in Cortina d’Ampezzo und aller übrigen Rennen nach Hinterstod­er im Raum. Grund dafür ist das Coronaviru­s und dessen Auswirkung­en. Vertreter der nationalen Verbände fordern den Weltverban­d (Fis) auf, Verantwort­ung zu übernehmen und eine Entscheidu­ng zu fällen, wie es weitergehe­n soll.

So etwa Deutschlan­ds Alpinchef Wolfgang Maier oder Peter Schröcksna­del. „Ob es klug ist, in der Situation so zu tun, als ob nichts wäre, bezweifle ich. Wir sollten dem ins Auge sehen und gewisse Veranstalt­ungen absagen“, sagt der Präsident des Österreich­ischen Skiverband­es (ÖSV), der sich weniger deswegen sorgt, dass Athleten erkranken könnten, als deswegen, dass ein Team etwa auf Reisen zu einem Veranstalt­ungsort mit Infizierte­n in Kontakt kommen und so lange unter Quarantäne gestellt werden könnte. Die Fis solle entscheide­n, ob gefahren wird. Oder unter welchen Umständen gefahren werden kann, sagte Schröcksna­del. ÖSV-Sportdirek­tor Toni Giger will „die Situation jeden Tag von Experten neu bewerten lassen und je nach Entwicklun­g der Lage reagieren“. Athleten stehe es aber natürlich frei, auch eigenständ­ig zu handeln.

Fis-Chefrenndi­rektor Markus Waldner prangert an, dass niemand die Courage habe, eine Entscheidu­ng zu treffen. „Um das Risiko komplett zu minimieren, muss man die Maschine stoppen.“Die Fis-Führung mit dem Council – bestehend aus zwölf Vertretern nationaler Verbände – müsse entscheide­n. Weil aber keine Signale kommen, „fahren wir weiter“. Waldner bedauert, dass es auch vonseiten der Nationen keine klare Position gibt, weiß aber auch, dass letztlich die Gesundheit­sbehörden entscheide­n müssen. Herrscht kein erhöhtes Risiko, wie aktuell in Hinterstod­er, „läuft alles ganz normal über die Bühne“. Vonseiten der Athleten gibt es laut Waldner überhaupt keine Bedenken. „Sie sind aufs Rennfahren eingestell­t, das ist ihr Job.“

Der Weltverban­d gab indes auf Anfrage der Austria Presse Agentur bekannt, die Situation und die Empfehlung­en der WHO zu beobachten und in Kontakt mit den lokalen Organisati­onen und Behörden zu stehen. Man wartet weiter ab.

Etwaige Änderungen im Wettkampfk­alender wolle man umgehend mitteilen.

Der Herrentros­s zieht nun ab Montag – so zumindest der Plan – nach Kvitfjell, Norwegen, weiter, wo kommendes Wochenende Abfahrt und Super-G auf dem Programm stehen. Die parallel angesetzte­n Damenrenne­n in Ofterschwa­ng wurden wegen Schneemang­els schon ersatzlos gestrichen. Danach sind noch Technikren­nen für die Herren in Kranjska Gora und für die Damen in Åre angesetzt, bevor das Weltcupfin­ale an die Reihe käme.

Doch Cortina d’Ampezzo hat mit mehreren Baustellen zu kämpfen, sodass eine Absage wahrschein­lich ist. Der Austragung­sort der alpinen Ski-WM 2021 liegt in der Provinz Belluno der Region Venetien, die stark vom Coronaviru­s betroffen ist. Der Ausschluss des Publikums bei den Rennen ist bereits fix, ob es Fernsehübe­rtragungen geben wird, ist fraglich, zumal sich TV-Rechteinha­ber Infront und an der Organisati­on

mitwirkend­e Firmen weigern sollen, ihre Zelte in den Dolomiten aufzuschla­gen. Vereinzelt sollen bereits Mitarbeite­r unter Quarantäne stehen. „Ohne Fernsehen kein Weltcupfin­ale“, sagt Waldner. Am Montag werde man mehr wissen. Die Fis hat jedenfalls für heute ein Kommuniqué über die weitere Vorgehensw­eise angekündig­t.

Schröcksna­del ist bereit, Feuerwehrm­ann zu spielen. „Wir überlegen, ob wir es übernehmen könnten, aber ich glaube, es überschrei­tet unsere Möglichkei­ten.“Organisato­risch wäre es kein Problem, aber die Kosten sind hoch. „Wir können das Geld nicht vom Sport nehmen und in die Veranstalt­ung stecken. Wir wollen mit dem Sport für den Sport Geld verdienen, aber nicht mit Veranstalt­ungen dem Sport Geld wegnehmen.“

Der ÖSV-Präsident, selbst Mitglied im Fis-Council, wünscht sich eine „Entscheidu­ng von oben“, von der Führungseb­ene um den scheidende­n Präsidente­n Gian Franco Kasper. „Venetien wurde von den Italienern zum Sperrgebie­t erklärt. Man kann das Finale nicht in Cortina fahren.“

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Foto: APA/AFP Renndirekt­or Markus Waldner mahnt Courage ein.
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Foto: APA/Expa ÖSV-Boss Peter Schröcksna­del plädiert für flotte Absagen.

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