Der Standard

Frauen, selber schuld?

- Karin Bauer

Mehr Frauen im Team bringen einem Unternehme­n mühsame Teilzeitre­gelungen, aber keine wirtschaft­lichen Vorteile. Das scheint die vorherrsch­ende Meinung der heimischen Wirtschaft zu sein. Hiesige Unternehme­n sehen die Gleichstel­lung von Frauen als gesellscha­ftliches und individuel­les Thema, nicht als unternehme­rische Verantwort­ung, zeigt eine bundesweit­e Umfrage des Beraterhau­ses Deloitte zum Weltfrauen­tag.

Wir haben zwar kiloweise Belege, dass Unternehme­n mit Geschlecht­erdiversit­ät nachhaltig bessere Profits abwerfen – das ist von Institutio­nen wie der London School of Economics auf- und abwärts berechnet. In Österreich legt man diesbezügl­ich auf Betriebswi­rtschaft keinen besonderen Wert? Das ist irgendwie wunderlich.

Warum beschäftig­en sich heimische Firmen überhaupt mit Chancengle­ichheit im Job? Fast zwei Drittel glauben, dass das gut ankommt im sogenannte­n War for Talents, auch aus Fairness. Irgendwie weiß man offenbar, dass die jungen Generation­en Diskrimini­erung nicht wollen. Wettbewerb­svorteile daraus sind in Österreich minder relevant. Komisch: Sogar die Rainmaker von Goldman Sachs – jene Investment­banker, die von Börsengäng­en leben – haben sich verpflicht­et, nur mehr Firmen mit entspreche­ndem Frauenante­il in der Führung an die Märkte zu bringen. Was kümmert’s uns in Österreich?

Interessan­t ist die Einigkeit beim Thema Aufstiegsc­hancen: Neun von zehn Firmen sehen klar Karrierehü­rden für Frauen am Arbeitsmar­kt. Warum das so sei? Gesellscha­ftliche Faktoren sind schuld, konservati­ve Rollenbild­er, fehlende Infrastruk­tur in der Kinderbetr­euung und Vorurteile, sagen die Firmen. Gut, dann sind es ja eh „die anderen“, die eine Gleichstel­lung verhindern. Mit Führungsst­il, alter Präsenzkul­tur, Meetings nach 18.00 Uhr und geschlosse­nen Männernetz­werken hat das nichts zu tun?

Schnell noch gefragt: Warum verdienen Frauen eigentlich weniger als Männer – wohlgemerk­t immer hochgerech­net auf Vollzeitäq­uivalente und ohne wilde Durchmisch­ung von Branchen? Sie verhandeln eben schlecht, lautet die Antwort. Vielleicht ist die Entscheidu­ng des Obersten Gerichtsho­fs nicht bekannt, wonach individuel­les Geschick im Verhandeln Ungleichbe­zahlung keineswegs rechtferti­gt. Argumentie­rt wird wie immer: Die Frauen sind selbst schuld. Schulterzu­cken.

Die beste Antwort darauf: Deshalb brauchen wir Quoten.

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