Der Standard

Nicht links, nicht rechts, aber jetzt ganz oben

- Gerald Schubert

Bonjour, Mafia!“Es sind Momente wie dieser, mit denen sich der slowakisch­e Wahlsieger Igor Matovič den Ruf eines unerbittli­chen Kämpfers gegen Korruption erarbeitet hat. Der Gruß aus dem französisc­hen Cannes wenige Wochen vor der

Wahl war an die heimische Regierungs­riege gerichtet – übermittel­t per Videobotsc­haft und hunderttau­sendfach im Internet geteilt.

Die Szenerie: Matovič und einige Getreue stehen, in uniformähn­liche Anoraks gehüllt, vor der

Villa eines slowakisch­en Ex-Ministers. Im Hintergrun­d die wolkenverh­angene Côte d’Azur.

Hier also würde es versickern, das Geld der Steuerzahl­er, erklärt Matovič und klebt das Portal mit Plakaten voll – weißen Zetteln mit Staatswapp­en und der Aufschrift „Eigentum der Slowakisch­en Republik“.

So etwas kommt an in einem Land, in dem der Glaube an politische­n Anstand nach dem Mord am Enthüllung­sjournalis­ten Ján Kuciak vor zwei Jahren schwer erschütter­t worden ist. Nun aber muss der 46-Jährige zeigen, dass er der richtige Mann ist, um wieder für stabile Verhältnis­se zu sorgen. Einfach wird das nicht. Zwar erhielt seine Partei Oľano – die Abkürzung steht für Gewöhnlich­e Menschen und unabhängig­e Persönlich­keiten – mit 25 Prozent einen beachtlich­en Vertrauens­vorschuss. Doch dem ehemaligen Unternehme­r eilt der Ruf eines streitsüch­tigen Provokateu­rs voraus, der sich früher oder später mit den meisten Weggefährt­en zerkracht. Legendär ist etwa sein Konflikt mit möglichen Kandidaten, denen er per Lügendetek­tor auf den Zahn fühlen wollte.

Zudem fehlt seiner Partei, die seit zwei Legislatur­perioden im Parlament ist, eine klare Ausrichtun­g. Der verheirate­te Vater zweier Kinder wurde bereits 2010 zum Abgeordnet­en gewählt – damals noch auf einem Ticket der liberalen SaS, mit der er sich bald überwarf. 2012 trat er erstmals mit seiner eigenen Bewegung Oľano an, die sich von ideologisc­hen Etiketten abgrenzt und als unberechen­bar bis erratisch gilt.

Sein Geld hat Matovič nach dem Management­studium in Bratislava mit dem Aufbau eines Verlags gemacht, der Regionalze­itschrifte­n herausgab. Ähnlichkei­ten mit dem tschechisc­hen Unternehme­r und Premier Andrej Babiš, der ebenfalls aus der Slowakei stammt und eine ideologief­erne Partei anführt, stellen Kenner beider Herren aber infrage: Babiš habe im Gegensatz zum wankelmüti­gen Matovič wirklich ein Imperium aufgebaut – und seine Partei fest im Griff.

Der Ex-Unternehme­r Igor Matovič ist Wahlsieger in der Slowakei.

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Foto: EPA / Martin Divisek

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