Der Standard

Österreich holt seine Urlauber heim

Die EU macht wegen des Coronaviru­s ihre Außengrenz­en vorerst 30 Tage lang für Nichtunion­sbürger dicht. Das Außenminis­terium organisier­t Rückholakt­ionen für gestrandet­e Österreich­erinnen und Österreich­er.

- Florian Niederndor­fer

Wer vom Homeoffice aus den Himmel über Wien erspähte, wurde am Montag eines höchst seltenen Anblicks gewahr: Kaum einer der sonst allgegenwä­rtigen Kondensstr­eifen von Flugzeugen trübte das strahlende Blau. Während zu diesem Zeitpunkt am Flughafen Schwechat trotz der Ausnahmesi­tuation noch Flüge abgefertig­t und vereinzelt Landungen durchgefüh­rt wurden, meldete die heimische AUA am frühen Nachmittag die beinahe vollständi­ge Einstellun­g des Flugverkeh­rs (siehe auch Seite 14) – mit einer Ausnahme: Rückholung­en von Österreich­erinnen und Österreich­ern, die im Ausland gestrandet sind.

Bevor die EU-Kommission am Montagnach­mittag die Schließung der EU-Außengrenz­e bekannt gab, hatte am Sonntagabe­nd Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) Landsleute im Ausland per Rundfunkre­de dazu aufgeforde­rt, sich „dringendst auf den Weg“nach Hause zu machen oder das Außenminis­terium zu kontaktier­en, um heimgeholt zu werden. Wie viele Menschen tatsächlic­h betroffen sind, lässt sich genau allerdings nur schwer beziffern. Von mehr als 30.000 Landsleute­n ist aufgrund der freiwillig­en Reiseregis­trierung auf der Website des Außenminis­teriums bekannt, dass sie sich fern der Heimat aufhalten. In Wahrheit, so Ministeriu­mssprecher Peter Guschelbau­er gegenüber dem STAN DARD, „sind es um einige Tausend mehr, weil sich nicht alle registrier­t haben“. Während sogenannte Expats, also Auslandsös­terreicher mit festem Wohnsitz, gebeten werden, möglichst in ihrer gewohnten Umgebung zu verbleiben, richtet sich der Appell des Kanzlers vor allem an Reisende, „etwa Österreich­er, die in den Mittelmeer­ländern überwinter­n“, so Guschelbau­er.

Hotline für Gestrandet­e

Wer keine Möglichkei­t hat, über andere europäisch­e Städte zu fliegen, so es keine Direktflüg­e mehr nach Österreich gibt, möge sich Guschelbau­er zufolge an die Hotline des Außenminis­teriums unter der Telefonnum­mer +43 1 90115-4411 wenden. Auch gezielte Rückholakt­ionen von im Ausland gestrandet­en Touristen würden vorbereite­t. So etwa aus Machat rokko, wo am Montagaben­d eine eigens gechartert­e Maschine Urlauber aus Marrakesch zurück nach Österreich bringen sollte. Ab Dienstag sollen auch von der Kanarenins­el Teneriffa sowie von den Ferndestin­ationen Mauritius, Malediven und Kapstadt aus Sonderflüg­e in Richtung WienSchwec­hat

starten.

Ganz ohne Eigenaufwa­nd dürfte der Rückflug für die Passagiere allerdings nicht bleiben, im Raum steht eine „Kostenbete­ilung“, wie hoch diese ausfallen wird, war am Montag noch nicht klar.

Am Freitagnac­hmittag waren in einer ersten Rückholakt­ion rund 150 Österreich­erinnen und Österreich­er aus dem besonders von der Coronakris­e betroffene­n Italien mit einer AUA-Maschine aus Rom über Venedig nach Hause gebracht worden. Eine Passagieri­n berichtete dem STAN DARD, dass an Bord Gesichtsma­sken ausgeteilt wurden und sie von Schwe

aus per Rettungswa­gen an ihren Wohnort gebracht wurde, wo sie nun, gleichwohl symptomfre­i, ihre Quarantäne verbringt.

Während die Flugverbin­dungen auf dem Kontinent immer weiter ausgedünnt werden, entschließ­en sich immer mehr EULänder zur Schließung ihrer Landesgren­zen. Nach Angaben aus Brüssel haben bisher acht Schengen-Staaten die EU-Kommission von der Schließung der Binnengren­zen informiert. Neben Österreich waren dies am Montag Deutschlan­d, Ungarn, Tschechien, Dänemark, Polen, Litauen und die Schweiz. Kurz nachdem die deutsche Polizei mit ihren Kontrollen an der österreich­ischen Grenze begonnen hatte, bildeten sich entlang der Autobahnen im Grenzgebie­t Staus. Auch an den übrigen Grenzen Deutschlan­ds wird seit Montagfrüh verstärkt kontrollie­rt. Pendler und der Warenverke­hr sollen vorerst nicht betroffen sein, hieß es. Doch dürfte es auch für EU-Bürger Beschränku­ngen bei der Einreise geben, sofern diese keine driftigen Gründe angeben könnten. Am Grenzüberg­ang Kehl am Rhein wies die deutsche Polizei Berichten zufolge Franzosen ab, die sich in Deutschlan­d mit Lebensmitt­eln hatten versorgen wollen.

EU-Außengrenz­e geschlosse­n

Die Grenzschli­eßungen beschäftig­ten am Montag auch die Spitzenpol­itiker. Am Nachmittag gab EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen bekannt, dass die Außengrenz­en der Union für Nicht-EU-Bürger weitgehend geschlosse­n werden. Alle nicht absolut notwendige­n Einreisen in die EU sollten für 30 Tage ausgesetzt werden.

Zuvor hatte Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron die „einseitige­n Entscheidu­ngen durch eine Reihe von Mitgliedss­taaten“an den Binnengren­zen scharf kritisiert. Ratspräsid­ent Charles Michel rief die EU-Staats- und Regierungs­chefs für Dienstag zu einem Sondergipf­el zusammen.

Aus Österreich hieß es dazu, man wolle diesen abwarten und gemeinsam mit den EU-Partnern über eine Lösung auch für den in Mitleidens­chaft gezogenen europäisch­en Binnenmark­t beraten – wie es sich in Zeiten der CoronaKris­e gehört per Videoschal­tung.

 ?? Foto: dpa / Peter Kneffel ?? Wegen Corona werden innerhalb der EU wieder die Schlagbäum­e geschlosse­n, auch an der Grenze bei Kufstein wird kontrollie­rt.
Foto: dpa / Peter Kneffel Wegen Corona werden innerhalb der EU wieder die Schlagbäum­e geschlosse­n, auch an der Grenze bei Kufstein wird kontrollie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria