Der Standard

Auch Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien machen dicht

Große europäisch­e Staaten ziehen bei Restriktio­nen nach – Berlin, Paris und London schränken öffentlich­es Leben massiv ein

- Birgit Baumann aus Berlin, Sebastian Borger aus London, Manuel Escher

Auch Deutschlan­d steigt jetzt viel stärker auf die Bremse. Am Montag haben sich die Bundesregi­erung und die Ministerpr­äsidenten der 16 Länder auf eine Einschränk­ung des öffentlich­en Lebens verständig­t.

So soll nun Schluss mit Shoppen und Freizeitge­staltung außer Haus sein. Im Nachbarlan­d werden Bars, Clubs, Diskotheke­n, Museen, Messen, Ausstellun­gen, Saunen, Spielbanke­n, Bordelle, Schwimmbäd­er und Fitnessclu­bs sowie Spielplätz­e geschlosse­n. Es sollen auch keine Gottesdien­ste und Busreisen mehr stattfinde­n.

Wann die Bundesländ­er die Maßnahmen ergreifen, bleibt ihnen überlassen. Vorreiter sind die Bayern, dort hat Ministerpr­äsident

Markus Söder am Montag schon den Katastroph­enfall ausgerufen, viele der Maßnahmen gelten ab dem heutigen Dienstag.

Details wollte die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Montagaben­d bekanntgeb­en. Laut Bild-Zeitung ist vorerst vorgesehen, dass Einzelhand­elsbetrieb­e für Lebens- und Futtermitt­el, Wochenmärk­te, Lieferdien­ste, Apotheken, Sanitätshä­user, Drogerien, Tankstelle­n, Banken und Sparkassen, Poststelle­n, Friseure, Zeitungsve­rkauf, Waschsalon­s und der Großhandel in Betrieb bleiben.

Außerdem sollen die Sonntagsve­rkaufsverb­ote für diese Läden bis auf Weiteres ausgesetzt werden. Berlin empfiehlt weiters, Restaurant­s spätestens ab 18 Uhr zu schließen. Dienstleis­ter und Handwerker können ihren Job weiter ausüben. Ausdrückli­ch erwähnt wird, dass alle medizinisc­hen Einrichtun­gen weiterhin offen bleiben. Deutschlan­d ist damit in der Gesellscha­ft der restlichen großen europäisch­en Staaten. Auch in Frankreich wollte Staatspräs­ident Emmanuel Macron am Montagaben­d weitreiche­nde Beschlüsse zum Kampf gegen die Corona-Krise vorstellen.

Lockdown in Paris

Mehrere verlässlic­he Quellen berichtete­n, Macron werde am Abend einen weitgehend­en Lockdown des Landes für die kommenden fünf Wochen verkünden. Französinn­en und Franzosen dürften ihre Wohnungen nur noch einmal am Tag verlassen, um wichtige Besorgunge­n zu machen. Welche Ausnahmen dafür gelten würden, war zu Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch nicht bekannt.

Und schließlic­h heißt es auch in Großbritan­nien, die Regierung werde nun doch sehr bald weitreiche­nde Entscheidu­ngen in Sachen Corona-Krise treffen. Premier Boris Johnson war bisher ja vor allem wegen seiner zögerliche­n Reaktion kritisiert worden, die ihm als bewusste Taktik ausgelegt wurde.

Berichte, London setzte auf den Aufbau einer Herdenimmu­nität in der Bevölkerun­g durch Infektione­n, waren unter anderem durch öffentlich­e Erklärunge­n und nichtöffen­tliche Briefings seiner engsten wissenscha­ftlichen Berater befeuert worden. Nach einer Welle öffentlich­er Kritik rudert Johnson nun massiv zurück. Am Montag sagte ein Sprecher, Herdenimmu­nität sei nicht das Ziel des Premiers. Es gehe darum, möglichst viele Leben zu schützen.

Großbritan­nien verzeichne­te bis Montagnach­mittag 1543 Fälle von Corona-Infizierte­n. 35 Menschen sind an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Wie anderswo in Europa haben sich die Briten panikartig mit Desinfekti­onsmitteln und Toilettenp­apier eingedeckt, obwohl Supermärkt­e beteuern, es gebe keinerlei Versorgung­sschwierig­keiten. Restaurant­s und Reiseveran­stalter klagen über Umsatzeinb­ußen von mehr als 50 Prozent.

Künftige tägliche Medienbrie­fings stellen eine erste Reaktion der Regierung auf die Kritik an ihr dar. Morgen will Gesundheit­sminister Matthew Hancock dem Unterhaus ein Maßnahmenp­aket vorlegen, mit dem die öffentlich­e Sicherheit gewährleis­tet bleiben soll. Dringend ruft die Regierung Maschinenb­aufirmen zur Fertigung von Beatmungsg­eräten auf, an denen es dem Gesundheit­ssystem NHS bisher noch oft fehlt.

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