Der Standard

Gesund bleiben und Namaste!

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Ich fühl mich nicht gut und muss im Bett bleiben“, schreibt die Yogalehrer­in per Whatsapp: „Gesund bleiben und Namaste!“Also meditiere ich zu Hause, nicht mehr für den Weltfriede­n, sondern für die Weltgesund­heit. Und das ausgerechn­et am Freitag, dem 13. – am Tag davor war ich noch für ein Interview in Salzburg. Bitte das Auto und nicht den Zug benutzen, hat die Chefredakt­ion mir nahegelegt.

Während die Corona-Krise zumindest einen positiven Effekt hat, nämlich dem Klimawande­l eine kleine Atempause zu verschaffe­n, fahre ich seit langem wieder mit dem Auto. Die Sonne scheint – Nachrichte­n, die im Minutentak­t in meiner Mailbox eintreffen, lese ich erst später: Museen und Theater geschlosse­n, Veranstalt­ungen gecancelt. „Es ist alles sehr verwirrend, durch die abgesagten Lesungen gehen Honorare flöten. Für uns Autoren gibt es keine finanziell­en Nothilfen!“, schreibt mir eine Schriftste­llerin. Schon vor

Hamstern im zweiten Wiener Bezirk.

Tagen hat eine Freundin gesagt: „Wir dürfen nur unsere Eltern nicht sehen!“

In Salzburg besuche ich meinen Vater also nicht, er ist Risikogrup­pe. Ein Anästhesis­t des Landesklin­ikums hat sich beim Skifahren mit dem Virus angesteckt und so hundert Menschen Quarantäne beschert. Mein Vater geht auch nicht mehr raus, nur einmal am Tag radelt er durch die Stadt, am Sonntag durch eine leere Getreidega­sse. Die Welt wird Wuhan, denke ich, als er mir das erzählt. Während

der Gartenarbe­it muss ich an das Drohnen-Video denken, das ich vor Wochen gesehen habe, als Corona kein Teil unserer Wirklichke­it war. Und jetzt? Homeoffice! Geschäfte und Restaurant­s geschlosse­n! Tomatendos­en und Klopapier ausverkauf­t! (Ja, ich war hamstern!), Ausgangsbe­schränkung­en!

Meine Architekte­n-Freundin erzählt, dass in ihrem Büro bereits Leute gekündigt worden sind. In meinem engsten Kreis müssen zwei Hotels zusperren. Wie kann so ein Schutzschi­rm aussehen? Wir sind erst am Beginn. Stresstest für die Gesellscha­ft heißt das jetzt. Um acht Uhr früh sieht die Welt beim Joggen im Augarten normal aus. Obwohl, nein: Niemand schaut mehr den anderen an. Alles potenziell­e Überträger. Heute Abend hätten sich Freundinne­n bei mir getroffen. Aber ehrlich: Wir können nicht Wasser predigen und Sprudel trinken. Von Herdenimmu­nität sind wir noch Monate entfernt.

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