Der Sport hängt in den Seilen
Heute wird die Fußball-EM offiziell abgesagt. Für ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold sind die wirtschaftlichen Folgen sekundär. In England wird weitergesportelt, das IOC macht sich lächerlich.
Am heutigen Dienstagnachmittag, nach einer Telefonkonferenz mit den 55 Mitgliedsverbänden, wird die europäische Fußballunion Uefa die EM absagen. Sie hätte von 12. Juni an in zwölf Ländern stattfinden sollen. Bernhard Neuhold, der Geschäftsführer des österreichischen Fußballbundes ÖFB, möchte dieser Entscheidung natürlich nicht vorgreifen, „aber sie ist alternativlos. Wir sind Passagiere, nicht die Piloten. Es gibt momentan Wichtigeres als Fußball.“In diesen dramatischen Tagen und Wochen solle man sich auch nicht mit wirtschaftlichen Folgen beschäftigen. „Die sind sekundär, es geht jetzt ausschließlich um Gesundheit und Solidarität.“Ihm, Neuhold, sei vor allem der „kleine“Fußball ein Anliegen. „Unsere Kinder können nicht spielen, es herrscht Stillstand. Irgendwann werden wir erkennen, welchen hohen gesellschaftlichen Stellenwert Fußball hat.“
Die Uefa hat mehrere Möglichkeiten. Wahrscheinlichste Variante:
Verschiebung der EM auf Sommer 2021, obwohl man da mit der vom Weltverband Fifa reformierten Klub-WM kollidieren würde. Nicht völlig auszuschließen ist eine Austragung im Winter. Russland hat am Montag das Angebot gemacht, die Veranstaltung zum geplanten Termin zu übernehmen, aber das wird angesichts der dramatischen Lage natürlich nicht passieren. Sind die Nationalteams zur Untätigkeit gezwungen, könnten die nationalen Ligen und der Europacup (Champions und Europa League) im Idealfall doch noch fortgesetzt und sogar beendet werden. Bei den Champions wäre ein Final Four eine Option. Eventuell sagt die Uefa die EM einfach nur ab, ohne sich auf einen neuen Termin festzulegen.
Trotz Corona-Pandemie gibt es noch immer aberwitzige Sportveranstaltungen, speziell in England. Die fünfte Fußballliga machte am Wochenende einfach weiter. Die Copper Box, eine schmucklose Mehrzweckhalle im Londoner Olympiapark, ist auch in Betrieb.
Sie fasst 7500 Zuschauer, und Europas Elite boxt dort um Tickets für die Sommerspiele in Tokio, von denen niemand weiß, ob und wann sie überhaupt stattfinden. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten, es lieferte sogar einen Link zum Online-Ticketverkauf: Fünf Pfund regulär, 2,50 Pfund ermäßigt. Immerhin wurde Sonntagnacht entschieden, ab Montag das Event unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortzusetzen. Zuvor hatte der Italiener Franco Falcinelli, der Präsident des europäischen Amateurboxverbands, Bedenken geäußert.
Es passte ins Bild der vergangenen Tage, in denen IOC-Präsident Thomas Bach gemeinsam mit der japanischen Regierung und dem Organisationskomitee keine Gelegenheit ausließ, die planmäßige Durchführung der Spiele zu versichern. „Wir arbeiten mit vollem
Engagement auf den Erfolg der Olympischen Spiele mit der Eröffnungsfeier am 24. Juli hin.“
In China soll im Mai wieder gekickt werden. Der FC Wuhan Zall ist nach Peking zurückgekehrt, alle Spieler müssen sich 14 Tage in Quarantäne begeben, dann dürfen sie nach Wuhan. Sie hatten sich, um dem Virus zu entfliehen, in Spanien vorbereitet. Ausgerechnet Spanien. Neuhold sagt: „Es ist alles gespenstisch,“