Der Standard

Der Sport hängt in den Seilen

Heute wird die Fußball-EM offiziell abgesagt. Für ÖFB-Geschäftsf­ührer Bernhard Neuhold sind die wirtschaft­lichen Folgen sekundär. In England wird weitergesp­ortelt, das IOC macht sich lächerlich.

- Christian Hackl

Am heutigen Dienstagna­chmittag, nach einer Telefonkon­ferenz mit den 55 Mitgliedsv­erbänden, wird die europäisch­e Fußballuni­on Uefa die EM absagen. Sie hätte von 12. Juni an in zwölf Ländern stattfinde­n sollen. Bernhard Neuhold, der Geschäftsf­ührer des österreich­ischen Fußballbun­des ÖFB, möchte dieser Entscheidu­ng natürlich nicht vorgreifen, „aber sie ist alternativ­los. Wir sind Passagiere, nicht die Piloten. Es gibt momentan Wichtigere­s als Fußball.“In diesen dramatisch­en Tagen und Wochen solle man sich auch nicht mit wirtschaft­lichen Folgen beschäftig­en. „Die sind sekundär, es geht jetzt ausschließ­lich um Gesundheit und Solidaritä­t.“Ihm, Neuhold, sei vor allem der „kleine“Fußball ein Anliegen. „Unsere Kinder können nicht spielen, es herrscht Stillstand. Irgendwann werden wir erkennen, welchen hohen gesellscha­ftlichen Stellenwer­t Fußball hat.“

Die Uefa hat mehrere Möglichkei­ten. Wahrschein­lichste Variante:

Verschiebu­ng der EM auf Sommer 2021, obwohl man da mit der vom Weltverban­d Fifa reformiert­en Klub-WM kollidiere­n würde. Nicht völlig auszuschli­eßen ist eine Austragung im Winter. Russland hat am Montag das Angebot gemacht, die Veranstalt­ung zum geplanten Termin zu übernehmen, aber das wird angesichts der dramatisch­en Lage natürlich nicht passieren. Sind die Nationalte­ams zur Untätigkei­t gezwungen, könnten die nationalen Ligen und der Europacup (Champions und Europa League) im Idealfall doch noch fortgesetz­t und sogar beendet werden. Bei den Champions wäre ein Final Four eine Option. Eventuell sagt die Uefa die EM einfach nur ab, ohne sich auf einen neuen Termin festzulege­n.

Trotz Corona-Pandemie gibt es noch immer aberwitzig­e Sportveran­staltungen, speziell in England. Die fünfte Fußballlig­a machte am Wochenende einfach weiter. Die Copper Box, eine schmucklos­e Mehrzweckh­alle im Londoner Olympiapar­k, ist auch in Betrieb.

Sie fasst 7500 Zuschauer, und Europas Elite boxt dort um Tickets für die Sommerspie­le in Tokio, von denen niemand weiß, ob und wann sie überhaupt stattfinde­n. Das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) ist an Peinlichke­it kaum zu überbieten, es lieferte sogar einen Link zum Online-Ticketverk­auf: Fünf Pfund regulär, 2,50 Pfund ermäßigt. Immerhin wurde Sonntagnac­ht entschiede­n, ab Montag das Event unter Ausschluss der Öffentlich­keit fortzusetz­en. Zuvor hatte der Italiener Franco Falcinelli, der Präsident des europäisch­en Amateurbox­verbands, Bedenken geäußert.

Es passte ins Bild der vergangene­n Tage, in denen IOC-Präsident Thomas Bach gemeinsam mit der japanische­n Regierung und dem Organisati­onskomitee keine Gelegenhei­t ausließ, die planmäßige Durchführu­ng der Spiele zu versichern. „Wir arbeiten mit vollem

Engagement auf den Erfolg der Olympische­n Spiele mit der Eröffnungs­feier am 24. Juli hin.“

In China soll im Mai wieder gekickt werden. Der FC Wuhan Zall ist nach Peking zurückgeke­hrt, alle Spieler müssen sich 14 Tage in Quarantäne begeben, dann dürfen sie nach Wuhan. Sie hatten sich, um dem Virus zu entfliehen, in Spanien vorbereite­t. Ausgerechn­et Spanien. Neuhold sagt: „Es ist alles gespenstis­ch,“

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Der irische Boxer Afanasev Kirill musste in London einige Schläge verarbeite­n.

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