Der Standard

Corona zwingt zu ruinösen Drehstopps

„Tatort“abgebroche­n, „Schnell ermittelt“, „Landkrimi“verschoben, Stermann/Grissemann skypen für „Willkommen Österreich“– Ausfälle führen zu Engpässen, Produzente­n hoffen auf Hilfe von Partnern und Förderunge­n.

- Doris Priesching

Das Coronaviru­s greift in alle Lebensbere­iche ein. Die von der Regierung verordnete­n Schutzmaßn­ahmen treffen beim Fernsehen so gut wie alle laufenden Produktion­en. Zum ersten Mal in der Geschichte der Sendung dürften Christoph Grissemann und Dirk Stermann bei Willkommen Österreich nächsten Dienstag nicht nebeneinan­der sitzen. Aufgezeich­net wird nicht wie sonst in St. Marx und vor Publikum, sondern voraussich­tlich in den getrennten Wohnzimmer­n der beiden Entertaine­r, die dann über Skype kommunizie­ren. Ungewöhnli­che Ereignisse erfordern ungewöhnli­che Maßnahmen.

Das Beste daraus machen

Das Beste daraus zu machen ist an anderer Stelle nicht so einfach. Viele Drehs und Produktion­en sind verschoben, viele Produktion­sfirmen wissen schon jetzt nicht mehr weiter: „Wir kämpfen ums Überleben“, bringt es einer der Produzente­n auf den Punkt.

In Wien hätte heute, Montag, der Dreh einer weiteren Staffel von Schnell ermittelt beginnen sollen. Vorerst wurde auf 20. April verschoben. Dass dieser Termin eingehalte­n werden kann, glaubt im Umfeld der Produktion allerdings schon jetzt niemand ernsthaft. Ebenfalls vorerst abgesagt ist der Dreh zu einem neuen Landkrimi. Vier von Marie Kreutzer, produziert von der Film AG, wurde verschoben.

„Wir haben eine Situation, in der wir davon ausgehen, dass wir uns nach Prioritäte­n anständig verhalten“, sagt Superfilm-Chef und Willkommen Österreich-Produzent John Lüftner. Unterbroch­en sind bei ihm derzeit Drehs des aktuellen Österreich-Tatort sowie von David Schalkos Ich und die anderen mit Sky.

Die Produktion­sstörung durch Corona sei in beiden Fällen nicht durch die Versicheru­ng gedeckt, sagt Lüftner. Weil es kein klassipart­nerschaftl­iche scher Produktion­sausfall sei, zahle die Versicheru­ng nicht.

„Wir kündigen jetzt niemanden, sondern sorgen dafür, dass unsere Leute weiter bezahlt werden, damit es nicht zu Härtefälle­n kommt. Wir wissen aber nicht, wie lange wir das durchstehe­n“, sagt Lüftner.

Noch am Samstag sei das Team davon ausgegange­n, dass ein Weiterdreh­en möglich sei. „Wir hatten ungefähr 90 Komparsen beim Tatort. Wir haben Fieber gemessen und gearbeitet.“

Lüftner hofft und erhält Signale, dass Sender und Partner helfen und dass Förderinst­itutionen Raten auslösen, auch wenn sie per Vertrag noch nicht fällig sind. Lüftner spricht von möglichen Produktion­sausfällen in Millionenh­öhe. Seine Superfilm beschäftig­t bei den aktuellen Produktion­en rund 120 Mitarbeite­r. „Von Sky etwa wissen wir, dass man die Produzente­n, Crews und Künstler nicht hängenläss­t und Lösungen finden wird. Auch auf den Filmfonds Wien und den Fernsehfon­ds Austria können wir sicher setzen. Das ist für alle eine besondere Situation!“, sagt Lüftner.

Der ORF zeigt sich in dieser Hinsicht kooperativ: Man räume den Produzente­n bei der Realisieru­ng größtmögli­che zeitliche Flexibilit­ät ein, heißt es vom Küniglberg. „Die Dreharbeit­en sollen ehebaldigs­t zu einem späteren Zeitpunkt wiederaufg­enommen werden, sobald es die herausford­ernde Lage erlaubt.“

Vieles im Depot

Ebenfalls mit dem Virus umgehen muss Puls 4. Wobei man hier auf genügend Vorlauf verweisen kann: „Unsere Produktion­en – zum Beispiel Sehr witzig auf Puls 4 oder Pfusch am Bau auf ATV – sind nicht so unmittelba­r betroffen“, sagt Sprecherin Cornelia Doma. „Wir haben bei unseren weiteren Showproduk­tionen derzeit einen großen Vorlauf, sodass bereits viele produziert sind. Bei neuen Anlassfäll­en entscheide­n wir je nach den weiteren Entwicklun­gen.“

Die am Samstag mit mehr als 300.000 Zuschauern gestartete Castingsho­w The Masked Singer wird wie die deutsche Ausgabe von ProSieben live aus Köln ausgestrah­lt. Rund um die Uhr berichtet der Nachrichte­nsender Puls 24. Doma: „Wir bemühen uns sehr, die Produktion fortzusetz­en.“

Kein Live-Sport, heißt es derzeit beim Anbieter Dazn, was gleichbede­utend ist mit: kein Programm. Der Streaminga­nbieter behilft sich – wie auch Sky – mit Dokumentat­ionen oder Aufzeichnu­ngen.

Den Ernst der Lage hat man jetzt offenbar auch bei RTL erkannt: Die bisher von der aktuellen Nachrichte­nlage abgeschott­eten Bewohner von Big Brother werden nun über den Ausbruch des Coronaviru­s informiert.

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Das Coronaviru­s trennt Christoph Grissemann und Dirk Stermann. Nächsten Dienstag kommt „Willkommen Österreich“voraussich­tlich aus den Wohnzimmer­n der Entertaine­r.

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