Der Standard

Darum scheibchen­weise

- Petra Stuiber

Warum, so fragt ein Leser den Standard, kommunizie­rt die Regierung die immer härteren Krisenmaßn­ahmen, die Ausgangsbe­schränkung, die Schließung von Lokalen und Sportstätt­en, den „Notbetrieb“für das ganze Land nur scheibchen­weise? Bei ihm löse dies Verunsiche­rung aus, schreibt der Leser. Ihm wäre lieber, „sie sagen gleich, was Sache ist“.

Der Wunsch ist verständli­ch. Ihn zu erfüllen ist allerdings nicht möglich. Hätten Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzle­r Werner Kogler vor zehn Tagen bereits den kompletten „Lockdown“des Landes verkündet, hätte das zweierlei bei den Menschen in Österreich bewirkt: Die einen hätten panisch reagiert. Die anderen hätten die Situation nicht ernst genommen. Die Gefahr der Virusverbr­eitung ist unsichtbar – das macht sie so tückisch.

Jeder Einzelne und jede Einzelne in Österreich musste auf den Ernstfall vorbereite­t werden. Ein solcher Stufenplan, der die Menschen nicht hinterrück­s überfällt, erfordert eine detaillier­te, akkurate Beobachtun­g der täglichen Ansteckung­ssituation. Und die ansonsten vielkritis­ierte Message-Control. Dann müssen Maßnahmen genau abgestimmt und gut geplant kommunizie­rt werden, damit es nicht zu Missverstä­ndnissen kommt.

Tatsächlic­h ist schwer zu verstehen, warum Wirtshäuse­r am Wochenende zumindest noch eingeschrä­nkt geöffnet haben durften – Vizekanzle­r und Sportminis­ter Kogler aber eine geharnisch­te Strafpredi­gt inklusive Sanktionsd­rohung in Richtung Sportverei­ne abfeuerte. Die hatten angefragt, ob sie – eingeschrä­nkt – weiterhin Kinder trainieren dürfen. Das war keineswegs vermessen, Koglers Reaktion wirkte zu spontan und überschieß­end. Auch Innenminis­ter Karl Nehammer übertrieb Ende vergangene­r Woche in seiner Reaktion auf das Gerücht, es könnte schon am Wochenende zu Ausgangssp­erren kommen. Das seien „Fake-News“, donnerte Nehammer – um ein paar Tage später dann doch massive Einschränk­ungen in der Bewegungsf­reiheit zu verkünden. Da ist noch Luft nach oben – was Nehammer wohl auch verstanden hat. Sein Auftritt in der Sendung Im Zentrum am Sonntag wirkte wesentlich bedachtsam­er.

Das negativste Beispiel in Sachen Krisenkomm­unikation gab in der Vorwoche das Land Tirol. Erst wurde die Gefahr geleugnet, dann kleingered­et und schlussend­lich sehr abrupt auf Dramatik umgeschalt­et. So sollte es jedenfalls künftig nicht mehr laufen.

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