ÖBB drohte ihren Baufirmen
Nach Italien werden Bauarbeiten am Brenner-Basistunnel auch in Österreich eingestellt
So amikal und flexibel, wie von ÖBB-Chef Andreas Matthä am Dienstag angekündigt, geht der Bundesbahn-Teilkonzern ÖBB-Infrastruktur mit seinen Geschäftspartnern in der Bauwirtschaft doch nicht um. Noch am Montag verschickte die Staatsbahn Briefe an ihre Auftragnehmer, in denen sie nicht nur an die Arbeitspflicht bei „unaufschiebbaren Berufsarbeiten“erinnerte.
Die Geschäftsbereichsleitung „Projekte Neu-/Ausbau“drohte ihren Geschäftspartnern offen mit Schadenersatzforderungen, falls Leistungen nicht erbracht werden: „Unsere Auftragnehmer schulden uns weiterhin die Leistungen. Derzeit ist durch Corona auch von keiner Sphärenverschiebung auszugehen, daher diese bei Nichterbringung schadenersatzpflichtig werden.“Eine Schließung von
Baustellen werde ÖBB-seitig derzeit nicht angedacht, „sofern wir nicht durch gegebene Rahmenbedingungen und Umstände (z. B. Quarantäne) dazu veranlasst werden. Wir werden versuchen, unser Land weiter am Laufen halten“, heißt es in der E-Mail, die dem STANDARD zugespielt wurde.
Drohungen wie diese wurden dem Vernehmen nach zahlreichen Baufirmen zur Kenntnis gebracht. Es ging dabei nicht nur um PromiGroßbaustellen wie den Semmering-Basistunnel.
Brennertunnel gestoppt
Vor dem Hintergrund der im Zuge der Corona-Epidemie behördlich verfügten Einstellung der Bauarbeiten am Brenner-Basistunnel auf italienischer Seite klingt die ÖBB-Anordnung reichlich brisant. Sie steht auch klar im Widerspruch zu den Aussagen von ÖBBChef Matthä. Er kündigte via APA an, dass die Baustellen in Tirol angesichts der besonders strengen Ausgangsbeschränkungen „jetzt runtergefahren“würden. Das werde Geld kosten, brauche Schutzund Stützmaßnahmen, sei aber unvermeidlich. Auch das Hochfahren nach der Krise werde aufwendig und teuer.
Bei anderen Tunnelbaustellen wie Koralm oder Semmering werde man von Fall zu Fall mit den Baufirmen „vernünftige Lösungen“suchen, etwa wenn Lieferketten unterbrochen würden oder Bauarbeiter aus dem Ausland nicht mehr anreisen könnten. „Wir werden keine Pönalen ausstellen.“Wichtig sei es jedoch, die Baustellen im Betrieb fertigzustellen, um gesperrte Gleise zu verhindern. Jedes Bauprojekt werde nun einzeln beurteilt, schob ein ÖBBSprecher nach. Im Mittelpunkt stehe die Gesundheit der Menschen. Die ÖBB sei sich ihrer großen volkswirtschaftlichen Verantwortung bewusst.