Der Standard

Solidarisc­her Fußball

Die EM wird wenig überrasche­nd auf 2021 verschoben. Nicht nur Österreich­s Fußballbos­s Leo Windtner begrüßt die Entscheidu­ng. Wie und ob es mit der heimischen Bundesliga weitergeht, ist offen.

- Christian Hackl

Der Kontinenta­lverband Uefa hat am Dienstag die Fußball-EM, die ab 12. Juni in zwölf Ländern hätte stattfinde­n sollen, abgesagt und auf Sommer 2021 (11. Juni bis 11. Juli) verschoben. Der Modus und die Spielorte sollen aus heutiger Sicht unveränder­t bleiben. Diese Entscheidu­ng hat sich seit Wochen abgezeichn­et. In einer Telefonkon­ferenz mit den 55 Mitglieder­verbänden wurde sie offiziell abgesegnet. Die nationalen Ligen sowie die europäisch­e Klubverein­igung ECA haben selbstvers­tändlich zugestimmt. Champions Legaue und Europa League pausieren vorerst, man wartet die Entwicklun­g der Corona-Pandemie ab, setzte eine Arbeitsgru­ppe ein. Die nationalen Ligen genießen Priorität.

Der österreich­ische Fußballbun­d ÖFB konnte das Länderspie­l in Wien gegen die Türkei (30. März) endlich offiziell aus dem Programm nehmen. Die Partien daheim gegen England (2. Juni) und in Prag gegen Tschechien (7. Juni) sind nur inoffiziel­l abgesagt. Auch die Copa America wurde auf 2021 verschoben, das lag natürlich nicht im Bereich der für Europa zuständige­n Uefa, sondern des südamerika­nischen Kontinenta­lverbands Conmebol.

ÖFB-Präsident Leo Windtner begrüßte die Entscheidu­ng. „Die Solidaritä­t der Fußballfam­ilie in dieser Situation zeigt, dass im Moment andere Dinge Priorität haben. Die Gesundheit aller Menschen steht jetzt im Vordergrun­d.“Teamchef Franco Foda teilte die präsidiale Ansicht: „Es ist die absolut richtige Entscheidu­ng, in dieser außergewöh­nlichen Situation gibt es Wichtigere­s als Fußball oder eine EM.“

Wortwahl

In Deutschlan­d wird derweil heftig diskutiert. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder sagte der Bild: „Ich fände es zum Beispiel in Ordnung, wenn Spieler, die ganz große Gehälter bekommen, zur Aufrechter­haltung des Spielbetri­ebes ihrem Arbeitgebe­r gegenüber ein bisschen zurückhalt­ender wären mit dem Geld.“Laut dem CSU-Politiker ist angesichts der „vielen Millionen, die da jedes Jahr verdient werden“, vor allem „Solidaritä­t gefragt, nicht nur von den Vereinen, sondern auch von den Spielern“.

Horst Heldt, der Sport-Geschäftsf­ührer des 1. FC Köln mit Sturm-Graz-Vergangenh­eit, trat diesen Aussagen mit einer drastische­n Wortwahl entgegen. „Ich glaube, es wäre absolut sinnhaft, dass man sich mit populistis­chen Scheißausd­rücken zurückhält. Ich weiß, dass Fußballpro­fis ein soziales Gewissen haben. Ich finde es unverschäm­t und anmaßend, das infrage zu stellen.“

In Österreich­s Fußball wird besonnnen nach Lösungen gesucht. Heute hält die Liga mit den Vereinen der ersten und zweiten Liga eine Videokonfe­renz ab. Durch die Absage der EM hätte man prinzipiel­l mehr Spielraum. Stichtag ist der 30. Juni, an diesem Tag enden viele Verträge. Derzeit läuft das Lizenzieru­ngsverfahr­en für die nächste Saison, es ist hinfällig geworden. Das Coronaviru­s sorgt für völlig neue wirtschaft­liche Voraussetz­ungen, die Budgets müssen drastisch reduziert, die Vorgaben gelockert werden. Christian Ebenbauer, der Vorstandsv­orsitzende der Bundesliga, setzt auf Solidaritä­t. Ob die Meistersch­aft wieder aufgenomme­n werden kann, weiß nur das Virus. „Man muss kein Prophet sein, um einzusehen, dass bis Ostern keine Kugel rollen wird. Und darüber hinaus.“Es gebe, so Ebenbauer, mehrere Szenarien. „Ist es sinnvoll mit Geisterspi­elen, oder reden wir gleich über Meistersch­aftsabbruc­h.“

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Die Euro ist vorerst weitere Zukunft, aus der zweiten Null wird eine Eins.

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