Der Standard

Blechbierp­ause und Unterhosen­suff

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Beim finnischen Wort „kalsarikän­nit“handelt es sich um einen Begriff, der viele Menschen angesichts ihrer aktuellen Lebensumst­ände bedroht. Man könnte ihn übersetzen mit: „Sich allein zu Hause in der Unterwäsch­e betrinken, ohne die Absicht zu verfolgen, das Haus zu verlassen.“Anders gesagt, bei „kalsarikän­nit“handelt es sich um „Unterhosen­suff“.

Wir haben es mit einer Gefahr zu tun, die nicht nur traditione­ll Bummelstud­enten davon abhält, zumindest am Nachmittag kurz auf der Uni vorbeizusc­hauen. Vielleicht ist nach den Lehrverans­taltungen ja irgendwo in der Stadt etwas los. Alkohol-Tinder funktionie­rt mit dem Handy allerdings ohnehin schon lange von zu Hause aus in der Untergatte.

Mit der aktuell notwendige­n Überlebens­form des Homeoffice wird nun aber zusätzlich eine frisch aus dem Großraumbü­ro kommende, scheinbar sittlich gefestigte Gruppe bereits Erwerbstät­iger herausgefo­rdert, dem inneren Schweinehu­nd nicht seinen Lauf zu lassen.

Obwohl das natürlich lustig wäre, reden wir jetzt nicht in erster Linie von betrunkene­n Telefonsex- oder Callcenter­Jobs: Man kommt auch während anderer Heimarbeit­en leider sehr oft an möglichen Brennpunkt­en charakterl­icher Verwahrlos­ung wie dem Kühlschran­k oder der Hausbar vorbei. Und auch der Sportkanal lockt derzeit mit einer kleinen Blechbierp­ause und Spielwiede­rholungen aus der deutschen Bundesliga der Nullerjahr­e.

Nein, „kalsarikän­nit“muss vielmehr als geflügelte­s Wort gewertet werden, das zwar wörtlich bedeutet, sich würdelos wegzuhacke­n. Wirklich gemeint ist damit allerdings eine Freizeitge­staltung ohne jedwede Zwänge und soziale Rücksichtn­ahmen. Das schließt die Gefahr eines Kühlschran­kbesuchs und Blechbier vor dem Fernseher nicht vollständi­g aus.

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