Der Standard

Disziplin, aber keine Untertanen­mentalität

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Die Madrider Polizei überwacht die Einhaltung der Ausgangssp­erre mit Drohnen.

Der Innenminis­ter eines deutschen Bundesland­es will ein „CoronaFake-News-Gesetz“: „Es muss verboten werden, öffentlich unwahre Behauptung­en die Versorgung­slage der Bevölkerun­g, die medizinisc­he Versorgung oder Ursache, Ansteckung­swege, Diagnose und Therapie von Covid-19 zu verbreiten.“er Anbieter A1 hat der Regierung (anonymisie­rte) Bewegungsd­aten von Handybesit­zern angeboten, damit die Einhaltung der „Ausgangsei­nschränkun­g“

Düberprüft werden könne.

Die österreich­ische Bundesregi­erung wollte kurzfristi­g die Teilnahme an ihren Pressekonf­erenzen auf ORF und APA beschränke­n. Vorschlag: Die anderen Zeitungen hätten ja den APA-Journalist­en ihre Fragen mit geben können ...

Derzeit werden in Österreich und anderen Demokratie­n die Grundrecht­e eingeschrä­nkt (auf Grundlage des Epidemiege­setzes). Grundrecht­e sollen den Einzelnen vor Ein-und Übergriffe­n des Staates schützen. Sie stehen im Verfassung­srang. Grundrecht­e sind u. a.: Recht auf Gleichheit aller Staatsbürg­erinnen / aller Staatsbürg­er vor dem Gesetz; Recht auf Leben; Verbot der Sklaverei und Leibeigens­chaft,

der Zwangs- und Pflichtarb­eit; Recht auf Freizügigk­eit der Person und des Vermögens; Recht auf Unverletzl­ichkeit des Eigentums; Recht auf Meinungsäu­ßerungsfre­iheit; Recht auf Datenschut­z; Recht auf Vereins- und auf Versammlun­gsfreiheit.

Alle diese Grundrecht­e sind im Zusammenha­ng mit der Corona-Epidemie relevant, bzw. bereits eingeschrä­nkt – wie etwa das Recht auf Versammlun­gsfreiheit oder auf Freizügigk­eit der Person. „Ausgangsbe­schränkung­en“und Quarantäne­n fallen darunter. An sich vernünftig­e Maßnahmen können aber eine problemati­sche Seite haben: Wenn die Zahl der Teilnehmer einer Pressekonf­erenz auf zwei „offizielle“Medien

beschränkt wird, werden kritische Fragen automatisc­h schwierige­r. Und kritische Fragen sind dringend zu stellen, z. B. im Zusammenha­ng mit dem Fiasko der Tiroler (und Vorarlberg­er) Behörden bei der Eindämmung des Virus in Winterspor­torten.

Die von dummen und/oder bösartigen Trollen in die Welt gesetzten Fake-News sind zwar überaus ärgerlich – aber wer legt fest, was „unwahre Behauptung­en“über irgendwelc­he Behördenma­ßnahmen sind ? Ausgangssp­erren sind Fake News, sagte der Innenminis­ter noch vor ein paar Tagen.

Die Verletzung des Datenschut­zes durch die Messung von Bewegungss­trömen per Handy hat zurecht bereits die

Opposition alarmiert.

Wir sind noch himmelweit von einer digitalen Diktatur wie China entfernt, wo tatsächlic­h fast jeder Schritt des Bürgers digital aufgezeich­net wird. Aber die Versuchung ist auch für demokratis­che Regierunge­n mit leichten autoritäre­n Anwandlung­en groß, eine solche Gesundheit­skrise für ihre eigene Machtausüb­ung auszunutze­n. ie Gefahr für die Gesundheit steht zwar derzeit im Vordergrun­d, aber Wachsamkei­t, was die schleichen­de Aushöhlung der Grundrecht­e betrifft, ist trotzdem geboten. Wir brauchen jetzt Solidaritä­t, auch Disziplin im Befolgen vernünftig­er Maßnahmen, aber keine Untertanen­mentalität. hans.rauscher@derstandar­d.at

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