Glimpflicher Ausgang der China-Krise
Der Coronavirus-Ausbruch in China war für viele europäische Unternehmen durchaus zu managen. Manche Folgen wie Schiffsfrachtausfälle werden aber erst in den kommenden Wochen in Europa spürbar sein.
Wenn eine Epidemie die Logistikketten durcheinanderbringt, sind Improvisation, Krisenmanagement und schnelle Entscheidungen gefragt.
Während in Europa die Zahl der mit Sars-CoV-2Infizierten steigt und immer neue Einschränkungen beschlossen werden, kehrt China – mit einer nun schwer angeschlagenen Konjunktur – langsam zur Normalität zurück. Produktionsanlagen öffnen, Logistikverbindungen werden wieder aufgenommen. Vielerorts sind 90 Prozent der Betriebe wieder in Gang. Die meisten Beschränkungen bestehen weiterhin in den Provinzen Hubei und Wuhan. Was den Handel und Transporte zwischen Asien und Europa betrifft, sei man mit den Ausfällen in China noch mit einem blauen Auge davongekommen – das war der Tenor einer Veranstaltung zu den Auswirkungen der Epidemie in China auf die Logistik, die Ende Februar an der FH des BFI Wien stattfand – also noch bevor die Corona-Welle auch über ganz Europa schwappte.
Viele der Frachten fanden mit zusätzlichem Kommunikationsund Managementaufwand vielleicht verspätet, aber doch ihren Weg nach Europa, ohne dass wirkliche Engpässe entstanden wären, berichteten Vertreter von Unternehmen, Logistik-Einrichtungen und Risikoberater mit China-Verbindungen. Die größten Probleme hatten wohl Just-in-time-Produktionen in Südostasien, deren rigid durchgetaktete Zeitpläne nicht halten konnten. Doch auch auf den europäischen Märkten sind noch nicht alle langfristigen Auswirkungen der Krise in China angekommen.
Chinesisches Neujahr
Der Corona-Ausbruch fiel dort in die Zeit des chinesischen Neujahrs – also in eine Zeit, in der die Produktion ohnehin vielfach stillsteht. Hunderte Millionen Arbeiter kehren für ein, zwei Wochen zu ihren Familien zurück. Harald Nitschinger vom Risikovorhersage-Start-up Prewave nennt diese Reisezeit die „größte Migrationsbewegung der Welt“. Der Vorteil ist, dass Unternehmen Produkte für diese Zeit oft vorproduzieren und somit auch für eine verlängerte Neujahrsunterbrechung vielfach noch gewappnet waren. Ein Nachteil war, dass in vielen Produktionsstätten, auch wenn sie wieder geöffnet waren, die Arbeiter aufgrund der China-internen Reisebeschränkungen nicht wieder zurückkonnten.
Was den Schiffsverkehr von Chinas Häfen Richtung Europa betrifft, muss berücksichtigt werden, dass die Frachten fünf bis sechs Wochen unterwegs sind, wie Alexander Till vom Hamburger Hafen betonte. Das bedeutet auch, dass die Ausfälle während des Höhepunkts der chinesischen Epidemie im Februar in Europas Häfen erst jetzt, Mitte bis Ende März, schlagend werden. Eine starke Verschiebung Richtung Luftfracht war bereits wahrzunehmen. Dass es aufgrund der Ausfälle
im Schiffsverkehr zu Engpässen von in China produzierten Waren kommt, ist also nicht auszuschließen. Eines der großen Probleme wird laut Till der Mangel an Containern für die Verkehre nach China sein. In der Politik wurde eine hohe Abhängigkeit von China besenmanagement sonders bei medizinischen Produkten kritisiert.
Je komplexer Lieferketten sind, desto anfälliger reagieren sie auf Krisen. Kann ein Produkt problemlos bezogen werden, bedeutet das nicht, dass auch die Verpackung geliefert werden kann. Krimuss sich mit Unsicherheit, widersprechenden Informationen, Umdisponierungen in letzter Minute herumschlagen. Produktions- und Logistikausfälle konnten im transkontinentalen Wirtschaftsverkehr vielfach abgefedert werden. In den kommenden Wochen liegt es an Europas Logistik, sich auf dem eigenen Kontinent in der Krise zu bewähren. Immerhin hat sie die Versorgung von Handel und Produktion sicherzustellen, zugleich aber das Infektionsrisiko aller Beteiligten niedrig zu halten. (pum)