Der Run auf Schutzbekleidung
Atemmasken, Schutzanzüge und Wegwerfhandschuhe sind die Währung der Corona-Krise. Der Bedarf wird weltweit immer größer. Ein bizarrer Fall von beschlagnahmten Masken in Tschechien zeigt, wie angespannt die Lage ist.
Steht genügend Schutzausrüstung zur Verfügung? Diese Frage beschäftigt mittlerweile die ganze Corona-gebeutelte Welt. Eine allgemeingültige Antwort darauf gibt es nicht, weil der Bedarf der Länder sehr vom jeweiligen Stadium der Infektionen beziehungsweise von der Strategie der Regierungen abhängt. Faktum ist, dass Staaten, die Masken, Handschuhe und Schutzanzüge benötigen, mittlerweile den globalen Markt abgrasen. Auch in Österreich melden immer mehr Branchen dringenden Bedarf an. Neben Hausärzten, Zahnärzten, Rettungsorganisationen und Pflegepersonal forderten am Montag etwa auch Vertreter von privaten Securityfirmen eine Aufrüstung der Ausrüstung.
Prada-Masken
Inzwischen haben mehrere heimische und ausländische Firmen angekündigt, durch eine Umstellung ihrer Produktionsabläufe Schutzbekleidung beziehungsweise Desinfektionsmittel herzustellen. Darunter auch der mailändische Luxuskonzern Prada, der 80.000 Arztmäntel und 110.000 Atemschutzmasken für Sanitäter in der Toskana produzieren will.
Für derartige Umsteiger hat Austrian Standards International – früher als Österreichisches Normungsinstitut bekannt – die erforderlichen Vorgaben unter austrian-standards.at/corona veröffentlicht. Allein die Beschreibung der technischen Anforderungen für medizinische Schutzmasken sowie die vorgeschriebenen Tests füllen gut 20 Seiten. Die Infos müssen normalerweise im Webshop des Vereins gekauft werden, derzeit stehen sie aber gratis zum Download zur Verfügung.
Am Flughafen Wien landeten am Nachmittag zwei AUA-Maschinen mit 130 Tonnen Schutzausrüstung aus China. Bestellt wurde diese Lieferung (1,5 Millionen Schutzmasken und 450.000 Schutzanzüge) von Südtirol und Tirol, die österreichische Bundesregierung hat vermittelt. Das Bundesheer übernahm den weiteren Transport.
Mit an Bord einer der beiden Boeing-777-Maschinen war auch als First Officer der ehemalige Radiomoderator Hary Raithofer. Er berichtete auf seiner FacebookSeite über den Flug. Allein für die Einreise in China habe die Crew vier Stunden benötigt.
Verwirrung gab es zuletzt im Zusammenhang mit etwa 110.000 Schutzmasken aus China, die für Italien bestimmt waren und von den tschechischen Behörden beschlagnahmt wurden. Tschechien war deshalb massiv kritisiert worden, viele warfen dem Land mangelnde Solidarität, ja sogar Diebstahl vor. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die Masken irrtümlich konfisziert worden sind.
Der tschechische Zoll nämlich hatte in der Lagerhalle einer Firma auf dem Industriegelände der nordböhmischen Stadt Lovosice fast 700.000 Schutzmasken gefunden, die – so der Vorwurf der Behörden – dort zurückgehalten wurden, um den Stückpreis in die Höhe zu treiben. Da die Ware aber bereits für Gesundheitseinrichtungen im Land bestimmt gewesen sei, wurde sie kurzerhand beschlagnahmt. An dieser Stelle jedoch passierte den Behörden ein folgenschwerer Fehler: Im Zuge der Aktion fielen dem Zoll auch 110.000 Masken in die Hände, die in demselben Lager aufbewahrt wurden, aber eine Spende des chinesischen Roten Kreuzes für Landsleute in Italien waren. Tschechien hat sich für den Irrtum mittlerweile entschuldigt und am Montag einen Bus mit 110.000 anderen Masken nach Italien geschickt.
Möglicher Diebstahl
Wie Außenminister Tomáš Petříček zu Mittag auf Twitter schrieb, wisse man noch nicht, warum die für Italien bestimmten Masken überhaupt in Tschechien gestrandet seien. Die Rede war auch von möglichem Diebstahl durch Privatpersonen.
Die Ironie der Geschichte: Hätte es die Beschlagnahmung durch den tschechischen Zoll nicht gegeben, wären die Masken, die nun auf den Weg nach Italien gebracht wurden, vielleicht überhaupt nie dort angekommen.
Bei Schutzausrüstung springen auch Konzerne die Bresche. Ikea Österreich etwa spendierte Salzburger und Wiener Medizinern 50.000 Schutzmasken, die das Möbelhaus vor mehr als zehn Jahren wegen der Vogelgrippe angeschafft hatte. Kopf des Tages Seite 24