Der Standard

Zwei Klassen bei Entschädig­ung

Eine weitgehend­e Kompensati­on für Umsatzausf­älle sollen nur die behördlich geschlosse­nen Betriebe erhalten. Der Rest muss mit Überbrücku­ngshilfen und kleineren Zuschüssen das Auslangen finden.

- Andreas Schnauder

Viele Unternehme­n sind seit Ausbruch der Coronakris­e in schwere Bedrängnis geraten. Nun wartet vom Einpersone­nunternehm­en bis zum Großkonzer­n fast jeder schon recht sehnsüchti­g darauf, wer mit welcher Hilfe rechnen kann. Ein 38-Milliarden-Euro-Paket wurde zwar am Mittwoch im Ministerra­t angekündig­t, allerdings fehlen nach wie vor wichtige Durchführu­ngsbestimm­ungen. Lediglich kleinere Unterstütz­ungsmaßnah­men der Austria Wirtschaft­sservice (AWS) und der Hotelförde­rbank ÖHT sind angerollt, auch die Steuer- und Beitragsst­undungen bei Finanzämte­rn und Gesundheit­skasse laufen schon.

Was die meisten Unternehme­n beschäftig­t: Sie brauchen keine Garantien oder Kredithilf­en, bei denen sie auch den Sanktus der Hausbank benötigen, sondern eine Kompensati­on für den Umsatzeinb­ruch. Denn sowohl Steuerstun­dungen als auch Überbrücku­ngsfinanzi­erungen stellen lediglich Übergangsl­ösungen dar und verschiebe­n das Problem nur in die Zukunft, wie viele Betroffene betonen.

Deshalb soll es auch umfassende Entschädig­ungen durch die Republik geben, also nicht zurückzahl­bare Zuschüsse. Von den 38 Milliarden Euro an Hilfen ist der Notfallfon­ds mit 15 Milliarden genau dafür vorgesehen. Am Montag rangen Vertreter von Bundeskanz­leramt, Finanz-, Wirtschaft­s- und Landwirtsc­haftsminis­terium sowie der Wirtschaft­skammer um genaue Richtlinie für die Verteilung der Mittel. Zwar gab es zu Redaktions­schluss immer noch keine detaillier­te Regelung, aber zumindest ein Grobkonzep­t zeichnete sich ab.

Zwei Ansätze

Demnach soll der üppige Topf vor allem jenen Betrieben zugutekomm­en, die von den Betriebssc­hließungen erfasst sind. Das sind Dienstleis­ter mit Ausnahme von Lebensmitt­elhandel, Drogerien und Apotheken. Vom Friseur über das Restaurant bis zum Möbelhändl­er würde also der Verdienste­ntgang in der Corona-Krise abgefedert. Weniger gut steigen nach diesen Plänen, die offiziell nicht bestätigt wurden, Unternehme­n aus, die indirekt zum Handkuss kommen. Das wäre etwa der Möbeltisch­ler, dessen Absatz eingebroch­en ist, oder der Caterer, dessen Kunden keine Veranstalt­ungen oder Flüge durchführe­n.

Auch die meisten produziere­nden Sektoren – von Stahlherst­ellern über Anlagenbau­er bis hin zu Autozulief­erern – hätten von diesen Hilfen wenig bis gar nichts. Sie sollen über Kreditgara­ntien und andere Überbrücku­ngshilfen unterstütz­t werden. Dazu ist angedacht, die Instrument­e der AWS auch auf Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeite­rn und 50 Millionen Euro Umsatz auszudehne­n.

Auf der Bremse soll vor allem das Finanzmini­sterium stehen. Das Ressort unter der Leitung von Gernot Blümel (ÖVP) erhält von gut informiert­en Personen Unterstütz­ung. Es sei schwer nachvollzi­ehbar, dass große Konzerne mit hohen Gewinnen sofort den Notstand ausriefen, obwohl sie ohnehin via Kurzarbeit entlastet würden, meint ein in die Verhandlun­gen involviert­er Insider.

Überdies wird es einen Härtefonds geben, an den sich vor allem EPUs und Kleinstunt­ernehmen, neue Selbststän­dige oder freie

Dienstnehm­er, aber auch NonProfit-Organisati­onen wenden können. Obwohl der Topf mit einer Milliarde Euro nicht gerade ein Schwergewi­cht unter den Hilfsinstr­umenten darstellt, sind hier die größten Kontrovers­en ausgebroch­en. Die Opposition schäumt, weil die Zahlungen über die Wirtschaft­skammer abgewickel­t werden sollen. Man hätte sich das Finanzamt als Ansprechpa­rtner gewünscht. Auch inhaltlich gestalten sich die Verhandlun­gen schwer. Ein Involviert­er sagte am Montag, er rechne erst am Mittwoch mit Ergebnisse­n.

Härtefonds

Was sich bereits abzeichnet­e: Der Härtefonds soll rasch und unbürokrat­isch Gelder an kleine Wirtschaft­streibende ausschütte­n. Allerdings dürften die Antragstel­ler nicht mit Geld überschütt­et werden. Überlegt wurden am Montag Pauschalbe­träge in der Gegend von 500 bis 1500 Euro im Monat, die als Kompensati­on fließen sollen. Das werde bei vielen nicht einmal die Miete abdecken, von den Lohnkosten gar nicht zu reden, ist zu hören.

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Umsatzausf­älle haben fast alle Betriebe. Doch es wird einen Unterschie­d machen, ob – wie im Falle einer Bar – eine behördlich­e Schließung stattfand.

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