Kurz plant regionale Lockerungen
Gespräche mit Länderchefs zu teilweisen Öffnungen
Wien – In sechs von neun Bundesländern gab es von Samstag auf Sonntag keine Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Vor allem diesen Regionen stellt Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) frühere Lockerungen der Maßnahmen gegen das Virus in Aussicht. Wie sich diese gestalten, soll mit den Landeshauptleuten und Gesundheitsbehörden besprochen werden. Für regionale Rücksichtnahme ist Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), in Wien wartet man auf die Konkretisierung der Pläne. Wien, Niederösterreich und Tirol wiesen am Wochenende Neuinfektionen auf. (red)
Die Antwort aus dem von Rudolf Anschober (Grüne) geführten Gesundheitsministerium ist äußerst kurz und knapp: „Wir prüfen das derzeit.“Mehr will man vorerst nicht zu dem Vorstoß von Sebastian Kurz (ÖVP) sagen. Der Kanzler hat am Wochenende in einem Interview mit oe24.tv in Aussicht gestellt, dass es bald regional differenzierte Lockerungen der Maßnahmen gegen das Coronavirus geben könnte, denn: „Mittlerweile ist es Realität, dass die Entwicklung unterschiedlich ist.“
Auf STANDARD- Nachfrage im Kanzleramt erklärte man am Sonntag, dass von Samstag auf Sonntag „bereits sechs Bundesländer ohne neuen Coronavirus-Fall“waren – konkret das Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, die Steiermark und Vorarlberg. Deshalb stehe man „dort, wo die Situation bereits gut ist“, allfälligen Lockerungen „positiv gegenüber“.
Ob man auch Wien Lockerungen empfehlen könne, wo doch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) stets die dortigen Neuinfektionen thematisiere? Darauf wollte man sich im Büro von Kurz nicht einlassen, nur so viel hieß es dazu: „Wie etwaige regionale Lockerungen im Detail aussehen können, wird Teil von Gesprächen mit den Landeshauptleuten und den zuständigen Gesundheitsbehörden sein.“Nachsatz: „Klar ist, die Erfolge im Kampf gegen das Virus dürfen dadurch aber nicht gefährdet werden.“
Laut Innenminister Nehammer entfallen derzeit 60 Prozent aller Neuinfektionen auf nur ein Bundesland – und zwar Wien. Von 800 aktuell erkrankten Personen sind 476 aus der Bundeshauptstadt.
Zurückhaltendes Wien
Dort gibt man sich vorerst zurückhaltend. Aus dem Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) heißt es, es gebe noch sehr viele offene Fragen, die nach der Ankündigung des Kanzlers im Raum stünden. Etwa jene, welche Regionen in Zukunft unterschiedlich behandelt werden könnten: Werde zwischen politischen Bezirken, von denen es in Wien 23 gibt, differenziert? Geht es um die die unterschiedliche Behandlung von Stadt und Land oder um die Bundesländergrenzen? Auch sei noch offen, welche Lockerungen oder Maßnahmen Kurz überhaupt gemeint habe und auf welcher Grundlage die Ungleichbehandlung geschehen solle. Man sei „gespannt“auf eine Konkretisierung des Kanzlers. Jedenfalls, so heißt es aus dem Rathaus, dürften allfällige regionale Ungleichbehandlungen nur „auf Basis wissenschaftlich und medizinisch fundierter Recherche“fallen.
Neben Wien sind noch Niederösterreich und Tirol im Klub jener Bundesländer, die auch am Wochenende wieder Neuinfektionen verzeichnet haben und damit laut ersten Überlegungen des Kanzlers noch keine Spezialbehandlung erwarten könnten. Doch die Zahlen halten sich auf einem insgesamt niedrigen Niveau: 135 Personen sind in Niederösterreich aktuell erkrankt. Damit liegt das Bundesland in der Statistik derzeit auf Platz zwei. In Tirol sind es gar nur mehr 36 aktuelle Fälle.
Vorbildhaftes Kärnten
Den Anstoß zur Diskussion gab übrigens Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Im südlichsten Bundesland wird seit diesem Samstag kein einziger Patient mehr aufgrund einer CoronavirusInfektion in einem Krankenhaus behandelt, wie Kaiser am Wochenende mitteilte. Auch sonst sind seine Zahlen auffallend niedrig: Ganz Kärnten zählt nur noch drei aktuell infizierte Personen, und ihnen stehen 395 Genesene gegenüber.
Bereits Anfang April habe er vorgeschlagen, dass „in Bundesländern wie zum Beispiel Kärnten oder auch einzelnen Regionen, in denen es nur sehr wenige mit Corona infizierte Personen gibt, einige der sehr strengen Maßnahmen früher als in anderen Bundesländern gelockert werden sollten“, erinnerte Kaiser. Doch bis vor kurzem fand das auf Bundesebene wenig Gehör.
So forderte der Landeshauptmann etwa, dass die Schüler an Kärntens Schulen früher wieder mit dem Turnunterricht beginnen können, denn die Kinder brauchten Bewegung. Gleichzeitig wäre aus Sicht Kaisers zu prüfen, wie lange eine Maskenpflicht für Kinder in Schulen noch unbedingt notwendig sei.