Der Standard

Gut gemeint, aber nicht gut gelungen

Wer in Italien sein Heim energietec­hnisch sanieren und modernisie­ren will, kann dies dank des Corona-Hilfsdekre­ts nun gratis tun. Die Sache hat aber natürlich ein paar Haken.

- Dominik Straub aus Rom

Die Maßnahme trägt den Namen „Ökobonus“und ist im Corona-Hilfspaket der italienisc­hen Regierung von Giuseppe Conte enthalten. Zur Wiederbele­bung der Wirtschaft enthält das Dekret über 260 verschiede­ne Subvention­en und staatliche Anreize im Umfang von 55 Milliarden Euro. Im Fall des Ökobonus sollen mit großzügige­n Steueranre­izen die energietec­hnische Sanierung von Gebäuden sowie die Installati­on von Solaranlag­en gefördert werden: Der Fiskalraba­tt wird bis zu 100 Prozent der Kosten decken.

Der Ökobonus gilt für Fassadenis­olationen, wärmedämme­nde Fenster, für die Ersetzung alter Heizanlage­n durch moderne, energiespa­rende Systeme, für die Montage von Solaranlag­en sowie für die Installati­on von Ladestatio­nen für Elektrofah­rzeuge.

Das Ziel dieses Bonus, der in bescheiden­er Form bereits vor der Covid-19-Krise existierte, ist die Senkung des Energiever­brauchs sowie die Umstellung auf erneuerbar­e Energieträ­ger. Laut Staatssekr­etär Riccardo Fraccaro von der Fünf-Sterne-Bewegung könnte diese Maßnahme Gesamtinve­stitionen von rund 30 Milliarden Euro auslösen.

Italienisc­he Hausbesitz­er haben zwei Möglichkei­ten, um sich den Ökobonus zu sichern: Sie können den Steuerabzu­g über einen Zeitraum von fünf Jahren in ihrer Steuererkl­ärung anführen; oder aber sie können den durch die Gebäudesan­ierung erworbenen Steuerkred­it auch an die ausführend­en Bauunterne­hmen oder an Banken abtreten, die als Gegenleist­ung die Sanierungs­kosten vorfinanzi­eren.

Nur bei der ersten Option müssen die Hausbesitz­er vorerst ins eigene Portemonna­ie greifen. Tritt man den Kredit hingegen ab, hat man keine Ausgaben zu tragen. Die Sanierung oder die neue Solaranlag­e ist dann tatsächlic­h gratis.

Große Chance, aber ...

„Für die Branche ist das Dekret sicherlich eine großartige Gelegenhei­t, mehr Photovolta­ikanlagen auf den Dächern der italienisc­hen Häuser zu installier­en“, sagt Paolo Rocco Viscontini, Präsident des Photovolta­ik-Verbandes, zur Fachzeitsc­hrift PV Magazine.

Einen ähnlichen Schub erwarten auch die Hersteller von Heiz- und Kühlsystem­en sowie auf Fassadenre­novationen spezialisi­erte Firmen. Viscontini kritisiert aber, dass der Ökobonus nur vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2021 gelte. Der Boom könnte also schon bald vorüber sein.

Das recht kleine Zeitfenste­r ist aber nicht der einzige Haken. Ein großes Fragezeich­en besteht bezüglich der Bereitscha­ft der Unternehme­n und der Banken, die Sanierungs­und Installati­onskosten gegen Erhalt virtueller Steuerguth­aben tatsächlic­h vorzuschie­ßen: Viele Unternehme­n befinden sich nach dem Corona-Lockdown selbst in Schwierigk­eiten und sind nicht in der Lage, Arbeiten ohne sofortige Geldmittel auszuführe­n. Auf die Gutschrift der Steuerkred­ite durch den Fiskus werden die Unternehme­n bis zu fünf Jahre warten müssen.

Eine weitere Gefahr droht der an sich innovative­n Maßnahme seitens der Bürokratie: Hausbesitz­er müssen bei den Behörden umfangreic­he Dokumentat­ionen einreichen und Bewilligun­gen beantragen, um sich für den Ökobonus bewerben zu können. Wohin ein solches Prozedere führen kann, hat man gerade bei den Corona-Krediten des ersten Hilfspaket­s vom März gesehen: Obwohl die Kredite mit einer Staatsgara­ntie versehen sind, verlangen Banken und Finanzämte­r über ein Dutzend Dokumente und Bestätigun­gen. Hunderttau­sende Kleinunter­nehmer haben deshalb trotz großer finanziell­er Not erst gar keinen solchen Corona-Kredit beantragt. Dem Ökobonus könnte es ähnlich ergehen. Wirtschaft Seite 7

 ??  ?? Italien will in Sachen erneuerbar­e Energie aufholen und diese steuerlich fördern. Doch werden Banken und Baufirmen mittun?
Italien will in Sachen erneuerbar­e Energie aufholen und diese steuerlich fördern. Doch werden Banken und Baufirmen mittun?

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