Der Standard

Achtzig Frauen verteidige­n Lunacek

In einem Brief wenden sich Parteikoll­eginnen an die grüne Ex- Staatssekr­etärin, loben ihre politische Arbeit – und kritisiere­n Angriffe auf sie aus den eigenen Reihen.

- Beate Hausbichle­r

Es ist sehr viel Lob zu lesen in dem Brief an die Staatssekr­etärin a. D., Ulrike Lunacek. 80 Parteikoll­eginnen haben den Brief, der dem STANDARD vorliegt, unterschri­eben. Es ist kein offener Brief, sondern eine Anerkennun­g für Lunacek, aber auch eine Kritik am Umgang mit ihr, der – so ist dem Schreiben zu entnehmen – womöglich auch ihrem Frausein geschuldet ist.

Sie habe als Außen- und Europapoli­tikerin, als Feministin und Kämpferin für Frauen- und Menschenre­chte für ein geeintes Europa und ein progressiv­es Österreich gekämpft und habe als erste offen lesbische Nationalra­tsabgeordn­ete Österreich­s und als Gründerin der „Grünen Andersrum“maßgeblich an der „Sichtbarke­it von Lesben in der Politik beigetrage­n“, heißt es in dem Brief weiter. Lunacek habe in den letzten zweieinhal­b Jahrzehnte­n für die „Partei alles gegeben“. Im Zuge dessen wird in dem Schreiben Unverständ­nis am Umgang mit Lunacek geäußert, sowohl vonseiten der Grünen selbst als auch von Regierungs­seite.

Ducken statt aufstehen

Lunacek habe sich 2017 „in einer schwierige­n Phase als Spitzenkan­didatin zur Verfügung gestellt“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem Sybille Hamann, Meri Disoski, Ewa ErnstDzied­zic, Ingrid Felipe, Birgit Hebein oder Monika Vana unterschri­eben haben. „Für das schmerzhaf­te Wahlergebn­is hast du parteiinte­rn wie auch öffentlich die Konsequenz­en getragen, während sich andere hochrangig­e Parteifunk­tionäre damals vor der Verantwort­ung wegduckten.“

Damit kommen die 80 Frauen auch zu Lunaceks Funktion als Staatssekr­etärin für Kunst und Kultur. Nach „Kritik, Spott und Häme aus der Kunst- und Kulturszen­e sowie von opposition­ellen Politikern“habe Lunacek mit ihrem Rücktritt auch selbst Fehler eingestand­en. Mit dem Rücktritt habe sie auch Verantwort­ung für etwas übernommen, das sie strukturel­l nicht allein zu verantwort­en habe. „Die prekäre Lebenssitu­ation von Künstler*innen“sei ein seit Jahrzehnte­n „gewachsene­s und von keiner Vorgängerr­egierung gelöstes Strukturpr­oblem“. In der jetzigen Krise zeige sich das besonders, heißt es in dem Brief weiter.

Kaum Unterstütz­ung

Der Beschluss zu den NPOFonds, die auch für Kunst- und Kulturvere­ine finanziell­e Unterstütz­ung bringen sollten, kam offenbar zu spät, „die Kritik brach nicht mehr ab“. Hinzugekom­men sei die „mangelnde Unterstütz­ung einiger Regierungs­kolleg*innen“und „zuletzt Angriffe aus den eigenen Reihen“.

Zum Schluss zitieren die Grünen-Frauen in dem Brief auch jemanden aus eben der Kunst- und Kulturszen­e, von der sie „nicht gerade herzlich empfangen“worden sei, wie es darin heißt. Stella Rollig, Generaldir­ektorin des Belvedere: „Dass nun eine Frau den politische­n Schaden davonträgt, ist höchst bedauerlic­h, aber leider wohl strukturel­l signifikan­t in einer Zeit wie dieser“.

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Am 15. Mai hat Ulrike Lunacek ihren Rücktritt als Staatssekr­etärin für Kunst und Kultur bekanntgeg­eben – was nun für Nachbeben sorgt.

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