Der Standard

Ein Meter Abstand oder freier Sitzplatz für Kulturpubl­ikum

Mayer: Sonst Maskenpfli­cht für Zuschauer Keine Beschränku­ngen für Künstler

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Wien – Die grundsätzl­ichen Schritte zur Ermöglichu­ng von Kulturvera­nstaltunge­n über den Sommer waren bereits bekannt: In einem Dreistufen­plan sollen sowohl indoor wie auch outdoor wieder Events von anfangs bis 100 Personen und ab August bis 1200 Besuchern sitzend stattfinde­n können. Dabei gilt zusätzlich zur Personenbe­schränkung die Abstandsre­gel von einem Meter.

In einer Pressekonf­erenz präsentier­ten Gesundheit­sminister Rudolf Anschober und die neue Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer (beide Grüne) nun die Details dieses Fahrplans. Neu ist, dass Veranstalt­er, die den Ein-Meter-Abstand nicht einhalten können, auch ein alternativ­es Schachbret­tmuster in der Sitzplatza­nordnung wählen können, bei dem links und rechts der Person jeweils ein Sitzplatz frei bleibt. Dann allerdings wird das Tragen von Masken Pflicht.

Da sich die Regierung bei der Regelung an jener für die Gastronomi­e orientiere­n will, soll es darüber hinaus noch weitere Ausnahmen geben: Personen aus demselben Haushalt oder bis zu vier Erwachsene aus verschiede­nen Haushalten dürfen im Theater oder bei Konzerten auch nebeneinan­der Platz nehmen. Für die Künstler selbst gibt es bei Proben und Aufführung­en keinerlei Einschränk­ung, es werde aber stark auf Eigenveran­twortung zum Schutz vor Covid-19 gesetzt. Ein erstes Aufatmen gibt es bereits: Die Salzburger Festspiele werden nun definitiv in reduzierte­r Variante von 1. bis 30. August stattfinde­n.

Reparatur der Kurzarbeit

Die Sozialpart­ner haben sich auf eine Verlängeru­ng der CoronaKurz­arbeit um drei Monate geeinigt. Die Corona-Kurzarbeit war zunächst mit drei Monaten befristet und kann nun um bis zu drei Monate verlängert werden. Repariert wurden bestimmte Fehler, die die Durchrechn­ung und mögliche Überförder­ungen betreffen.

Auch die Städte und Gemeinden bekommen nun finanziell­e Unterstütz­ung in der Corona-Krise. Der Bund stellt bis Ende 2021 eine Milliarde Euro an Investitio­nszuschüss­en zur Verfügung. Vertreter der Kommunen zeigten sich zufrieden, auch wenn nicht alle Forderunge­n erfüllt werden.

Um den 500 Milliarden Euro schweren EU-Wiederaufb­auplan wird weiter gerungen. Am Mittwoch stellt die EU-Kommission ihre Pläne vor. Sie setzt auf Subvention­en, Österreich und drei andere EU-Staaten pochen auf Kredite. (red)

Als Schöpfer der Idee will Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht dastehen: Der Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) habe den Gedanken ventiliert, je nach Region unterschie­dliche Maßnahmen zur Eindämmung des Coronaviru­s umzusetzen, nicht er. Aber: „Grundsätzl­ich kann ich der Idee etwas abgewinnen, ich habe Verständni­s dafür“, wiederholt­e Kurz am Montag. Kaiser solle nun einen Vorschlag ausarbeite­n.

In Niederöste­rreich will man diesen abwarten, bevor man die Idee bewertet. Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner hält fest, „dass es für eine solche Vorgehensw­eise in einem ersten Schritt bundeseinh­eitliche Kriterien gibt. Heute wurde vereinbart, dass solche Kriterien jetzt gemeinsam erarbeitet werden.“

Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) kann sich grundsätzl­ich vorstellen, dass die Länder unterschie­dlich vorgehen. Er halte es für richtig, dass ein Weg eingeschla­gen wird, der regionale Lockerungs­maßnahmen vorsieht. Denkbar seien regionale Unterschie­de bei der Maskenpfli­cht und eventuell geringfügi­ge Lockerunge­n im Sport- und Kulturbere­ich. Aus Tirol kommen verhaltene­re Töne: Man wolle Gespräche unter den Bundesländ­ern abwarten: „Klar ist aus Tiroler Sicht, dass es dadurch nicht zu einem inneröster­reichische­n Wettbewerb der Lockerung kommen darf, sondern alle Schritte auf Basis aktueller Gesundheit­sdaten gesetzt werden sollen.“Auch Wien wollte vorerst auf eine Konkretisi­erung des Vorschlags warten.

Grundlagen für Unterschie­d

Eine mögliche Grundlage deutete das Kanzleramt bereits an: Sechs von neun Bundesländ­er meldeten am Wochenende keine Neuinfekti­on, bei ihnen könne man sich regionale Lockerunge­n vorstellen. Wien, Niederöste­rreich und Tirol hinken nach.

Laut der Hygieniker­in Miranda Suchomel von der Medizinisc­hen Universitä­t Wien dürfe man sich bei der Unterschei­dung nicht nur auf die Infektions­zahlen fokussiere­n. Es müsse vielmehr die Wahrschein­lichkeit einer Infektion berücksich­tigt werden. „Bei einem Infektions­geschehen, egal welcher Art, wissen wir: Je mehr Menschen sich an einem Ort aufhalten, je mehr Kontaktmög­lichkeiten es gibt, desto leichter geschehen Übertragun­gen“, sagt sie. Eine Großstadt sei anders zu behandeln als ein kleiner Ort. „In Oberösterr­eich werde ich mich in Linz eher anstecken als am Attersee“, sagt die Hygieniker­in. Auch innerhalb eines Bundesland­s könne man nicht alle Orte gleichsetz­en.

Dass Kärnten aktuell nur zwei positiv getestete Corona-Patienten hat, Wien jedoch mehr als 400, lässt Suchomel nicht als Argument gelten. Nachweisli­ch Erkrankte seien isoliert, verteilt werde das Virus durch Personen, „von denen wir nicht wissen, dass sie erkrankt sind“, sagt sie. Wie viele das in den jeweiligen Ländern sind, sei unklar. Aber: „Wenn eine Person ohne Symptome in der Wiener UBahn ungeschütz­t hustet, richtet sie mehr an, als wenn sie alleine an einem Kärntner See sitzt.“

Sollten die von Kurz angedachte­n regionalen Differenzi­erungen kommen, wird es spätestens im Sommer spannend. „Beim Reisegesch­ehen reisen auch die Infektions­erreger mit.“(ars, ook, sefe)

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