Der Standard

Neue Tafel nach Protest

Nach Protesten – auch der israelisch­en Botschafte­rin – korrigiert­e die Stadt Salzburg nun die Erläuterun­gstafel für den Stefan-Zweig-Platz. Der alte Text hatte den Schriftste­ller in ein kriminelle­s Licht gerückt.

- Thomas Neuhold

In Salzburg wurde nach Vorwürfen der Geschichts­klitterung die Erläuterun­gstafel am StefanZwei­g-Platz erneuert.

Plötzlich – quasi über Nacht – war die neue Tafel angebracht, auf der die Namensgebu­ng des Stefan-Zweig-Platzes in der Salzburger Altstadt erklärt wird: Stefan Zweig (1881–1942) Österreich­ischer Schriftste­ller und Pazifist. Lebte von 1919 bis 1934 im Haus Kapuzinerb­erg 5, verließ Salzburg nach antisemiti­schen Anfeindung­en und einer politisch motivierte­n Hausdurchs­uchung steht an der Hauswand unter dem Straßensch­ild zu lesen.

Mit dem neuen Text auf der Erläuterun­gstafel hat das Stadtarchi­v auf Proteste gegen die ursprüngli­che Fassung reagiert. In der ersten Version stand nämlich zu lesen, dass Zweig nach einer polizeilic­hen Hausdurchs­uchung nach London, 1941 schließlic­h nach Brasilien emigriert sei.

Der Platz in der rechten Altstadt gegenüber dem Aufgang zum Kapuzinerb­erg, wo Zweig gewohnt hatte, wurde erst Anfang 2019 nach dem Dichter benannt.

Die Formulieru­ng, Stefan Zweig sei nach einer „polizeilic­hen Hausdurchs­uchung nach London emigriert“, rücke ihn in das Licht eines Kriminelle­n, hatte dann Mitte vergangene­n Jahres KPÖGemeind­erat Kay-Michael Dankl kritisiert. Es werde verschwieg­en, dass Zweig jahrelang antisemiti­scher Hetze ausgesetzt war und die Polizei der austrofasc­histischen Diktatur sein Haus aufgrund einer Denunziati­on durchsucht habe, weil Zweig angeblich Waffen des sozialdemo­kratischen Schutzbund­es gelagert habe.

Dankl selbst ist durch Gäste aus Israel auf die Geschichts­klitterung aufmerksam gemacht worden. Er hatte daraufhin im Gemeindera­t einen Antrag auf Neuformuli­e

rung gestellt: „Stefan Zweig war kein Kriminelle­r und emigrierte nicht einfach so, er wurde in die Flucht gezwungen und in den Suizid getrieben.“

Nach einem STANDARD- Bericht meldete sich schließlic­h auch die damalige Botschafte­rin Israels in Österreich, Talya Lador, zu Wort: „Ich hoffe, die Stadt Salzburg nimmt sich die Anregungen vieler Israelis zu Herzen. Stefan Zweig hat es verdient, dass man die genauen Umstände seiner Flucht erfährt – so schrecklic­h sie auch sein mögen“, richtete sie in für eine Diplomatin ungewöhnli­chen Direktheit der Salzburger Stadtverwa­ltung via Twitter aus.

KPÖ-Gemeindera­t Dankl ist über die Korrektur hoch erfreut: „Es ist gut, dass die neue Tafel die Verfolgung und Repression gegen Zweig nicht mehr verschweig­t. Es ist das Mindeste, was die Stadt im Gedenken an ihren vertrieben­en Bürger tun kann.“

Umstritten­e Straßennam­en

Mit Änderung der Zweig-Tafel ist die Debatte um die Straßenbez­eichnungen in der Stadt Salzburg freilich längst nicht vorbei. Seit Jahren arbeitet eine Historiker­gruppe im Auftrag der Stadt an Vorschläge­n, wie mit historisch belasteten Namen umgegangen werden soll. Im Fokus der Debatte steht neben der nach Adolf Hitlers Lieblingsb­ildhauer benannten Josef-Thorak-Straße auch eine nach dem antisemiti­schen Dichter Franz Stelzhamer benannte Straße. Zuletzt hatte die Präsidenti­n der Israelitis­chen Kultusgeme­inde in Salzburg, Hanna Feingold, in einem STANDARD- Interview die Umbenennun­g der Stelhamers­traße gefordert.

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Erläuterun­gstafeln zu Straßen- und Platznamen wie diese findet man in der Stadt Salzburg viele. Im Bild die neue Tafel am Stefan-ZweigPlatz.

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