Der Standard

Abwarten und Maske tragen

Masken sind zum neuen Gebrauchsg­egenstand geworden. Ihr Nutzen ist wissenscha­ftlich bisher nicht eindeutig belegt. Österreich wartet derweil seit Wochen auf eine Lieferung aus China.

- Steffen Arora, Thomas Neuhold, Bernadette Redl

Sie kosten fünf Euro in der kleinen Schneidere­i um die Ecke, drei am Markt in Ottakring und 20 Euro auf der Mariahilfe­r Straße – Gesichtsma­sken aus Stoff gibt es aktuell in allen Farben, Formen und Preisklass­en – das zeigt auch ein Blick nach Oberösterr­eich: „Noblesse oblige“mag sich Österreich­s führende Trachtenla­dy Gexi Tostmann hinsichtli­ch ihrer Kundschaft gedacht haben. Und da frau zum exquisiten Tostmann-Dirndl unmöglich eine 08/15-Maske tragen kann, entwarf man in der Dirndlschn­eiderei am Attersee flugs eine ganze Kollektion verschiede­nster Masken. Die zweilagig gefertigte­n Modelle aus Baumwoll-Dirndlstof­f tragen klingende Namen wie „Fliederbus­ch“, „Apfelblüte“oder „Wildblume“und können so passend zum jeweiligen Dirndl aus dem Schrank geholt werden. Kostenpunk­t: das Stück 13 Euro aufwärts.

Die Sinnhaftig­keit von Masken für die breite Bevölkerun­g war in der Corona-Krise lange ein Zankapfel. Die WHO und das RobertKoch-Institut (RKI) haben Gesunden anfangs davon abgeraten, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Die Menschen würden sich dadurch in falscher Sicherheit wiegen und in der Folge auf Händewasch­en und Abstandhal­ten vergessen. Tragen Gesunde eine Maske, wird die Übertragun­g dadurch nicht verhindert, hieß es, und auch heute gibt es dafür keine wissenscha­ftlichen Belege. Allerdings: Wer selbst krank ist, schützt mit einer Maske sein Umfeld davor, sich anzustecke­n, weil Tröpfchen durch die Barriere nicht in die Umgebung geschleude­rt werden. Definitive Hinweise gibt es auch hier nicht, es scheint aber plausibel, so das RKI, und einzelne, kleinere Studien sowie Versuche an Tieren deuten darauf hin.

Weil in der Krise anfangs viele von einer hohen Dunkelziff­er an Infizierte­n ausgegange­n sind, die von ihrer Erkrankung nichts wissen, haben sich die Empfehlung­en später geändert. Heute schreibt das RKI: Das Tragen einer MundNasen-Bedeckung im öffentlich­en Leben kann dazu beitragen, die Ausbreitun­g von Covid-19 in der Bevölkerun­g zu verlangsam­en.

All das gilt aber nur, wenn Masken richtig getragen werden: Sie müssen eng anliegen – über Nase, und Mund, dürfen während des Tragens nicht berührt oder nach unten geschoben werden, und wenn sie nass sind, sollte man sie wechseln und heiß waschen. Dreckige Masken werden besser nicht in die Hosentasch­e gestopft oder auf den Esstisch gelegt. Denn alle Mikroorgan­ismen, die in unserer Mundflora leben, darunter etwa Streptokok­ken, sammeln sich darin. „So eine Maske ist wie ein angeschnäu­ztes Taschentuc­h“, sagt die Hygieniker­in Miranda Suchomel von der Med-Uni Wien.

Warten auf bestellte Masken

Nach wie vor offen ist die Bestellung von 20 Millionen Schutzmask­en in China über Vermittlun­g der Südtiroler Oberalp Group. Im März hatte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) den Südtiroler­n mit einer medial groß inszeniert­en Luftbrücke geholfen, Schutzmask­en aus China zu importiere­n. Wie sich allerdings später herausstel­lte, entsprache­n diese Masken nicht den in Europa gültigen Standards. In Südtirol ermittelt bereits die Staatsanwa­ltschaft gegen die dortige Sanitätsbe­hörde sowie die Oberalp Group. Grund dafür sind fehlende Zertifikat­e, ohne die die Ware nicht hätte eingeführt werden dürfen.

Von Österreich­s Bestellung wurden nach wie vor erst 1,7 Millionen Masken geliefert. Ende April hieß es dazu seitens des Roten

Kreuzes, das die Lieferunge­n im Auftrag der Regierung koordinier­t: Man werde in den kommenden Tagen von der Bestellung zurücktret­en, sollte diese nicht geliefert werden. Das ist allerdings nicht passiert, so das Wirtschaft­sministeri­um. Zwar wurde noch immer nicht geliefert, aber die Bestellung ist weiter aufrecht. Man führe dazu noch Gespräche. Das zugrunde liegende Problem könnte sein, dass Oberalp die gesamten 20 Millionen Masken bereits in China vorbezahlt hat. Tritt Österreich nun von der Bestellung zurück, bliebe das Unternehme­n auf den Kosten sitzen.

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Wie sinnvoll Masken sind, hängt auch von der richtigen Verwendung ab. Die Maske ist wie ein angeschnäu­ztes Taschentuc­h, sagt die Expertin.

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