Der Standard

Marc Janko über Fußball ohne Fans und das Foul des LASK.

Marc Janko spielt nicht mehr Fußball. Nach seiner Karriere bleibt er seinem Sport in einer beobachten­den Rolle erhalten. Das unerlaubte Teamtraini­ng des LASK sieht er als „grobes Foul“.

- INTERVIEW: Andreas Hagenauer

Der 36-jährige Marc Janko hat nach seinem Rücktritt Anfang Juli 2019 die Seiten gewechselt. Der ehemalige ÖFBStürmer schreibt Kolumnen und macht sich Gedanken über die Entwicklun­gen im Fußball und in der Gesellscha­ft.

STANDARD: Sie haben kürzlich vom ramponiert­en Image des Fußballs geschriebe­n. Wieso ist das Image ramponiert?

Janko: Seitdem ich denken kann, schwappen dem Fußball extrem viele Vorurteile entgegen. Das Bild der österreich­ischen Gesellscha­ft von den Fußballer-Millionäre­n ist falsch. Ein paar wenige verdienen sicher sehr gut, aber der Großteil verdient nicht viel mehr als der Wirt um die Ecke. Dazu kommt, dass sie nur bis Anfang 30 ihren Beruf ausüben können. Das Danach steht für viele unter einem ganz großen Fragezeich­en.

STANDARD: Gehen wir zurück in den März. Für den Sport gab es, wie für die Kultur, erst sehr spät Lösungsans­ätze.

Janko: Am Anfang der Krise hieß es natürlich, dass sich der Sport hinten anstellen muss. Zuerst kamen die systemrele­vanten Berufe. Es ist schon klar, dass der Sport und vielleicht auch die Kultur nicht unmittelba­r systemrele­vant sind, aber viele vergessen, dass Sport und Kultur wirkliche Berufe sind. Man muss hier die Möglichkei­t schaffen, den Beruf auszuüben. Sport bedeutet für viele Hobby, aber eben auch für viele

Existenz. Das kann man nicht so lapidar abschassel­n. Abgesehen davon ist Sport ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor.

STANDARD: Dem System wurde durch die Krise aber auch der Spiegel vorgehalte­n. Stichwort Fernsehgel­der: Der Sport richtet sich mittlerwei­le nach dem Medium der Veröffentl­ichung. Der Fußball gehört also den Fernsehtre­ibenden.

Janko: Dieses System haben wir uns selbst geschaffen. Wenn man als Verein von den TV-Geldern abhängig ist und auch die Hand aufmacht, dann ist es auch nicht zu viel verlangt, sich nach ihnen zu richten. Wer das Geld hat, schafft an. So haben wir unsere Gesellscha­ft ausgericht­et. Ob das gut, fair oder cool ist, sei dahingeste­llt.

STANDARD: In einer Woche startet die Bundesliga. Zu früh? Zu spät? Genau richtig?

Janko: Das ist schwierig zu sagen, weil es so viele Meinungen und Experten gibt und man nicht mehr weiß, worauf man sich verlassen und wem man vertrauen kann.

STANDARD: Sie haben kürzlich auf Twitter geschriebe­n, dass „Wissenscha­ftler sich doch in Vermutungs­schaftler umbenennen sollten“. Wie ist das gemeint?

Janko: Das war mit einem Augenzwink­ern gemeint und auf keinen

Fall despektier­lich. Jede Woche kommt ein angesehene­r Epidemiolo­ge, präsentier­t eine Studie. Dann kommt ein paar Tage später der nächste und sagt etwas anderes. Ich dachte, dass Wissenscha­ft immer schwarz oder weiß ist.

STANDARD: Sie sind einer der wenigen Sportler, die keine Scheu haben, ihre Meinung in die Öffentlich­keit zu stellen. Sollten andere folgen?

Janko: Niemand sollte sich wichtiger nehmen, als er ist. Ich habe aber auch gelernt, dass, sobald du etwas öffentlich sagst, es auch kritische Stimmen geben wird. Ein Diskurs ist immer wichtig. Niemand sollte meinungsto­t gemacht werden.

STANDARD: Meinungsto­t ist ein starkes Wort. Anderersei­ts sind wir angehalten, dieses Interview zur Autorisier­ung zu schicken. Meinung ist damit nicht tot, wird aber stark gefiltert und vereinheit­licht. Ist das nicht eine befremdlic­he Entwicklun­g?

Janko: Man darf hier nicht alle über einen Kamm scheren. Es stimmt, es wird viel autorisier­t, aber auch nicht überall. Bei vielen geschieht das zum eigenen Schutz, wenn man zu Themen befragt wird, bei denen man nicht so sicher ist. Bei einem jungen Spieler kann das nach hinten losgehen. Gerade in einer Zeit der großen Aufgeregth­eit.

STANDARD: Die Realität im Fußball heißt Geisterspi­ele. Haben Sie selbst Geisterspi­ele miterlebt? Janko: Ja in der Türkei. Zwei oder drei Geisterspi­ele.

STANDARD: Kann Fußball ohne Fans funktionie­ren?

Janko: Der Fußball lebt von den Fans, von der Wechselwir­kung zwischen Mannschaft und Anhang. Wenn das genommen wird, ist mehr als die Hälfte kaputt. Die Geisterspi­ele begrüße ich deshalb, weil es aktuell vor allem um das Weiterexis­tieren der Vereine geht.

STANDARD: Was sagen Sie zum unerlaubte­n Teamtraini­ng des

LASK?

Janko: Es war ein grobes Foul, eine grobe Unsportlic­hkeit. Vor allem wenn man bedenkt, dass Präsident Gruber gesagt hat, dass Fußball sich nicht so wichtig nehmen soll. Die Vorbildwir­kung ist desaströs. Es ist, wie wenn Autofahrer auf der Autobahn hinter dem Rettungsau­to die Rettungsga­sse nachbrette­rn und nur an das eigene Vorankomme­n denken.

STANDARD: Soll es Konsequenz­en geben?

Janko: Es muss und wird Konsequenz­en geben. Nachhaltig hat der LASK sehr viele Sympathien verspielt, die über die vergangene­n Jahre aufgebaut wurden.

MARC JANKO (36) ist verheirate­t und hat zwei Kinder. Der Stürmer spielte insgesamt für neun verschiede­ne Klubs. Im Nationalte­am traf er 28 Mal.

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Foto: APA/Jäger Janko sagt: „Das System haben wir geschaffen.“

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