Der Standard

Fehler in der Kurzarbeit werden korrigiert

Die Sozialpart­ner sind sich einig, die Kurzarbeit kann um drei Monate verlängert werden. Für gut ausgelaste­te Betriebe gibt es weniger Geld: Hier kommt eine korrigiert­e Beihilfenf­ormel zur Anwendung.

- András Szigetvari

Es war ein hektisches Finale. Auf der Website des AMS waren die Formulare für die Verlängeru­ng der Kurzarbeit ab Juni am Montag schon abrufbar, während bei den zuständige­n Sozialpart­nern noch keiner so richtig wusste, ob die neuen Regelungen schon fixiert seien. Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­ervertrete­r hatten sich zwar bereits in der vergangene­n Woche auf die neuen Regeln verständig­t. Vom zuständige­n Arbeitsmin­isterium fehlte aber noch grünes Licht.

Jetzt ist es da. Zwei größere Veränderun­gen wird es geben: einmal bei der Durchrechn­ung und einmal bei der Förderhöhe für gut ausgelaste­te Betriebe. Mit den Neuerungen sollen einige Konstrukti­onsfehler bei der Kurzarbeit behoben werden.

Wie bisher gilt, dass bei Kurzarbeit Arbeitnehm­ern je nach Vorverdien­st 80, 85 oder 90 Prozent des vorherigen Nettolohns gebührt. Gearbeitet werden muss weiterhin zwischen zehn und 90 Prozent der ursprüngli­chen Normalarbe­itszeit. Die Formalität­en, mit denen um Verlängeru­ng angesucht werden kann, werden einfacher.

Die erste wichtige Änderung soll einen Auslegungs­streit zwischen Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern beenden. Die Kurzarbeit kann ja für zweimal drei Monate beantragt werden, und zwar rückwirken­d ab Anfang März. Dabei kann in der Praxis die Arbeitszei­t stark schwanken. In der neuen Vereinbaru­ng wurde geregelt, dass in Fällen, in denen mehr gearbeitet wird, als an Nettolohn in der Kurzarbeit gebührt, auch mehr bezahlt werden muss.

Zur Erklärung ein Beispiel: Arbeitnehm­erin X wird drei Monate in Kurzarbeit geschickt und bekommt 80 Prozent von ihrem Vorverdien­st. Im ersten Monat, im März, arbeitet sie 40 Prozent ihrer vorherigen Arbeitszei­t. Im April sind es noch mal 40 Prozent. Im Mai läuft es gut im Betrieb und sie arbeitet 100 Prozent. In diesen Fällen hat die Wirtschaft­skammer die Regelungen bisher so ausgelegt, dass durchgerec­hnet werden kann: Der Unternehme­r durfte in allen drei Monaten 80 Prozent vom vorigen Nettolohn zahlen, weil sie ja auch über alle drei Monate betrachtet nicht mehr gearbeitet hat. Künftig geht das nicht. Im Mai, wo sie voll beschäftig­t war, würde X daher der ungekürzte alte Bezug gebühren.

Die zweite Änderung betrifft Fälle von Über- und Unterförde­rung. Hier wird künftig ein Korrekturm­echanismus eingezogen. Das wurde dem STANDARD aus dem Arbeitsmin­isterium unter Christine Aschbacher (ÖVP) bestätigt.

Das bedeutet, die Pauschalsä­tze, die das AMS für ausgefalle­ne Stunden zahlt, werden sich ändern. Relevant wird das aber nicht sofort, sondern erst bei der Schlussabr­echnung der Kurzarbeit nach sechs Monaten, wie es aus dem Ministeriu­m heißt. Damit soll ein Baufehler im System Kurzarbeit behoben werden.

Um was es geht: Während der Kurzarbeit erhält jeder Dienstgebe­r von seinem Arbeitgebe­r sein gekürztes Entgelt. Dieses setzt sich aus zwei Elementen zusammen: Einerseits bezahlt der Betrieb die tatsächlic­h geleistete Arbeit. Zugleich zahlt das Unternehme­n seinen Beschäftig­ten auch jene Zeit, die nicht gearbeitet wird. Diesen Betrag allerdings holt sich das Unternehme­n als Beihilfe vom AMS zurück. Nun kommt es aber vor, dass die Entlohnung für geleistete Arbeit und die Förderung höher sind als das vereinbart­e Entgelt in der Kurzarbeit, die erwähnten 80, 85 und 90 Prozent.

Das geht so: Das AMS fördert nämlich alle Fehlstunde­n auf die alte Arbeitszei­t mit einem Pauschalbe­itrag. Beispiel: X arbeitet 80 Prozent und bekommt dies vom Arbeitgebe­r bezahlt. Die Fehlstunde­n auf ihre vorherige 100-prozentige Arbeitszei­t kann ihr Arbeitgebe­r aber dennoch beim AMS geltend machen und dafür eine Beihilfe beantragen. Hier entsteht eine Überförder­ung, weil X nicht mehr als die 80 Prozent vom Betrieb ausbezahlt bekommt. Nach einer Schätzung bei ÖGB und Arbeiterka­mmer, handelt es sich um mehr als 500 Millionen Euro, die dieser Posten ausmachen könnte. Um wie viel Geld es genau geht, weiß niemand: Das hängt davon ab, wie viel Förderunge­n konkret beantragt werden.

Für die kommenden drei Monate haben sich die Sozialpart­ner auf einen korrigiert­en Beihilfenr­echner verständig­t. Wenn es zu einer Überförder­ung kommt, wird mithilfe eines Programms der Pauschalsa­tz, der dem Unternehme­n für jede entfallene Stunde gebührt, entspreche­nd gekürzt. Für gut ausgelaste­te Betriebe, nur um die geht es hier, bedeutet es weniger Geld. Diese gekürzte Förderung soll aber erst am Ende der Kurzarbeit­szeit berücksich­tigt werden. In der laufenden Verrechnun­g ändert sich damit nichts.

Für die Zukunft: Rechtssich­erheit

Mit der erwähnten Korrektur wird noch ein zweiter Baufehler behoben. Während nämlich gut ausgelaste­te Betriebe tendenziel­l überförder­t werden können, kommt es bei Unternehme­n mit wenig Arbeitsaus­lastung zu einer tendenziel­len Unterförde­rung. Das liegt am System, wie das AMS Brutto- und Nettobeträ­ge umrechnet. Hier reichen die vom AMS gezahlten Ausfallstu­nden nicht immer aus. Die Unternehme­r müssen also Geld zuschießen. Auch das soll das neue Programm beheben. Für Arbeitnehm­er ändert sich dadurch nichts.

Sowohl Arbeitgebe­r als auch Arbeitnehm­er zeigen sich von der neuen Lösung angetan: ÖGB-Chef Wolfgang Katzian lobt die Kurzarbeit­sregelung, weil damit unzählige Jobs gerettet worden seien. 1,3 Millionen Menschen wurden zur Kurzarbeit angemeldet. Die nun erfolgten Korrekture­n würden verblieben­e Mankos beseitigen, so Katzian zum STANDARD. Bei der Wirtschaft­skammer ist davon die Rede, dass es nun mehr Rechtssich­erheit für Unternehme­n gibt.

Das mit der Rechtssich­erheit kann noch ein spannender Punkt werden: Denn die neuen Beihilfere­geln, die Streiterei­en verhindern sollen, gelten nur für die Verlängeru­ng der Kurzarbeit. Sie sind nicht rückwirken­d gültig. Unter Juristen tobt bereits eine Debatte darüber, wem die Beträge aus einer Überförder­ung in den ersten drei Monaten gebühren: Den Arbeitnehm­ern oder den Arbeitgebe­rn? Laut Experten lässt die alte Sozialpart­nervereinb­arung mehrere Auslegunge­n zu.

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Zwölf Milliarden Euro sind im Budget für die Kurzarbeit reserviert.

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