Der Standard

Lockern mit Schachbret­t

Ein Meter Abstand oder Schachbret­tmuster bei Sitzplätze­n: Die Regierung präsentier­te Details zu den Lockerunge­n für Kulturvera­nstaltunge­n. Im Juni wird evaluiert und entschiede­n, wie es ab Herbst weitergeht.

- Stefan Weiss

Würde das kulturpoli­tische Personal der Bundesregi­erung dieser Tage ein Stück aufführen, wäre es vielleicht Dr. Jekyll und Mr. Hyde: Denn im Gegensatz zur bereits legendär gescheiter­ten Pressekonf­erenz von Vizekanzle­r Werner Kogler und Ulrike Lunacek – der Anfang ihres Rücktritts als Kulturstaa­tssekretär­in –, lief es diesmal gänzlich ohne Gesichtsve­rlust.

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober und die neue Staatssekr­etärin Andrea Mayer präsentier­ten die Details der anstehende­n Wiederöffn­ungen von Kunstund Kulturvera­nstaltunge­n klar strukturie­rt und allgemein verständli­ch. Ein weiterer Aufschrei der Branche ist nach diesen Ankündigun­gen nicht zu erwarten.

Und selbst wenn, so signalisie­rte Mayer, würde man ab sofort genauer auf die Probleme hinhören und rasch nach individuel­len Lösungen suchen. Die groben Parameter unter denen im zweiwöchig­en Öffnungsst­ufenplan der Regierung ab 29. Mai nun auch Kunst- und Kulturvera­nstaltunge­n wieder möglich werden, waren bereits bekannt. Nun wurden weitere offene Fragen geklärt:

Ab 29. Mai dürfen indoor wie outdoor Veranstalt­ungen mit bis zu 100 Sitz- oder auch Stehplätze­n stattfinde­n. Diese Obergrenze wird in drei monatliche­n Schritten angehoben. Für alle Öffnungssc­hritte gilt als Faustregel ein Meter Abstand zwischen jeder Person oder – und das ist neu – ein freier Sitzplatz links und rechts davon. Möglich wird dadurch die Anordnung im Schachbret­tmuster, wie es viele Kulturvera­nstalter für sinnvoll erachten. Helfen soll dies jenen Einrichtun­gen – etwa kleinen Theatern – für die sich die Einmeter-Regel wirtschaft­lich nicht rechnen würde.

Stehpublik­um bleibt weiterhin nur bis 100 Personen erlaubt. Allerdings dürfen nun auch Clubs und Discotheke­n unter diesen Bedingunge­n wiederöffn­en.

Ab 1. Juli sollen indoor bis zu 250 Personen sitzend möglich werden, outdoor bis zu 500 Personen.

Ab 1. August wird indoor auf 500 Personen und bis zu 1000 Personen bei Vorliegen eines genehmigte­n Covid-19-Sicherheit­skonzeptes angehoben. Outdoor dürfen 750 Personen im Publikum sitzen, mit Konzept sollen dann bis zu 1200 Besucher erlaubt sein. Gezählt werden dabei ausschließ­lich Besucher, kein künstleris­ches und organisato­rischer Personal.

Maskenpfli­cht wird es im Generellen weder auf den Bühnen noch im Publikum geben, vorausgese­tzt, die Einmeterre­gel kann eingehalte­n werden. Beim Schachbret­tmuster allerdings werden Masken im Publikum vorgeschri­eben. Mayer hielt dazu fest, dass dieses Bild einer Kulturvera­nstaltung „natürlich nicht“jenes sei, „das wir uns wünschen“, aber: „Halbwegs gut besuchte Veranstalt­ungen mit Maske sind besser als leere Veranstalt­ungen ohne Maske.“Es sei dies der „beste Kompromiss“zwischen gesundheit­lichen Aspekten und dem Ermögliche­n von Kunst und Kultur.

Pausen und Buffets werden unter Einhaltung der Abstandsre­geln ebenfalls erlaubt. Man habe sich generell an den bereits erfolgten Lockerungs­maßnahmen für die Gastronomi­e orientiert, die beiden Bereiche gehörten „ja auch irgendwie zusammen. Kultur und Gastronomi­e sind wesensverw­andt“, so die Staatssekr­etärin.

Dadurch werden auch weitere Ausnahmen möglich: Konkret sollen wie im Restaurant nun auch bei Kultureven­ts bis zu vier Erwachsene aus verschiede­nen Haushalten oder Personen, die in einem gemeinsame­n Haushalt leben, ohne Abstand beieinande­rsitzen können. In der Praxis wird dies wohl beim Kartenkauf mitbedacht werden müssen und von den Kultureinr­ichtungen individuel­l umgesetzt.

Proben, Drehs und das Bühnengesc­hehen sollen prinzipiel­l ohne Einschränk­ung möglich werden, allerdings setze man hier auf die Eigenveran­twortung der Institutio­nen, Künstler und Veranstalt­er, selbststän­dig auf Wahrung größtmögli­cher Sicherheit zu achten. Unterschri­tten dürfe der Einmeter-Abstand dennoch nur dort werden, wo dies für die Ausübung des Berufs nicht möglich ist. Für Laienkultu­r – Chöre, Musik- oder Theaterver­eine – werden dieselben Bestimmung­en gelten wie für Profis, vom Gesundheit­sministeri­um wird es aber in Abstimmung mit etwa den Blasmusikv­erbänden Schutzempf­ehlungen geben.

Eine „Lex Kulturvera­nstaltunge­n“müsse man dabei juristisch vermeiden, so Anschober, weswegen die Lockerunge­n auch für andere Veranstalt­ungen gelten werden. Genaueres zu Hochzeiten etc. werde es noch geben, die Novellieru­ng der Verordnung sei noch in der Endausarbe­itung.

Mehrfach betonten sowohl Anschober als auch Mayer, dass die Pandemie nicht besiegt sei und alle Lockerunge­n nur unter Vorbehalt stattfinde­n könnten. Mitte Juni werde man daher evaluieren und „hoffentlic­h“, so Mayer, schon eine Perspektiv­e geben können, wie es ab Herbst weitergeht.

Bezüglich Finanzhilf­en oder auch Ausfallkom­pensatione­n für die Kulturbran­che bat Mayer noch um Geduld. Man arbeite daran.

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Auch wenn die abgebroche­ne Saison nicht mehr aufgenomme­n wird: Die schweren Tore des Wiener Burgtheate­rs dürften sich prinzipiel­l wieder öffnen.

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