Der Standard

Fakten statt Strafen

- Oona Kroisleitn­er

Ungleichbe­handlung ist ein Wort, das man nicht gern hört. Besonders wenn man zu der Gruppe zählt, die schlechter behandelt wird. Das ist auch in der von Kanzler Sebastian Kurz angestoßen­en Debatte über mögliche Lockerunge­n der Corona-Maßnahmen für vorbildlic­he Bundesländ­er der Fall.

In Wien reagiert man verhalten auf die Kurz’sche Ankündigun­g. Wertet sie als Angriff der Türkisen gegen Rot-Grün. Denn als eines von drei Bundesländ­ern gibt es in der Hauptstadt derzeit Neuinfekti­onen – auf niedrigem Niveau.

Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) verlangt hingegen seit Wochen eine Bevorzugun­g Kärntens. Schließlic­h bilanziert das Bundesland aktuell nur mehr zwei Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden. Wieso sollten Kärntner Kinder also keinen Turnunterr­icht besuchen?

Eine Erleichter­ung wirkt in diesem Fall sinnvoll. Aber es darf nicht nur die absolute Zahl an Infizierte­n in die Beurteilun­g einfließen, sondern auch das Risiko weiterer Ansteckung­en durch unerkannte Fälle.

Dass in einer Großstadt wie Wien andere Maßnahmen als in einem kleinen Dorf notwendig sind, ist klar. Diese müssen aber auch für andere Ballungsze­ntren gelten, in denen das Infektions­risiko höher ist als auf dem Land. Differenzi­ertes Vorgehen darf nicht als Strafe für unliebsame Regionen instrument­alisiert werden, sondern muss auf Zahlen, Fakten und Expertenei­nschätzung­en basieren.

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